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Portion Senf dazu?

Die Bücherei St. Lamberti bloggt

Monat

Januar 2018

Amtsschimmels TV- Kochshow

Amtsschimmel

Wer jemals versucht hat, Geflüchteten durch den bundesdeutschen Behördendschungel zu helfen, der darf hin und wieder in wahre Abgründe der Bürokratie blicken. Mal abgesehen davon, dass so manche Formulierung in Antragsformularen und Bescheiden selbst die eloquentesten Muttersprachler vor große Herausforderungen stellt (ich könnte auch kurz und knackig schreiben: sie grenzen an Frechheit), ist auch der Personalschlüssel in manchen Behörden ausgesprochen fragwürdig. Gerade, als meine Geduld, mein Verständnis und meine Akzeptanz sich mal wieder dem Nullpunkt näherten, weil für die Ausstellung von Dokumenten nach erfolgreichem Verfahren schon mal locker ein halbes Jahr und mehr Wartezeit als „normal“ einzustufen sind, fiel mir ein Pressebericht ins Auge, der mir ein kurzfristiges Schleudertrauma wegen anhaltenden Kopfschüttelns bescherte. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat in einer Untersuchung Hygiene-Mängel in TV-Kochsendungen festgestellt. What the f…?

Dieses Institut (zuletzt in den Schlagzeilen im Zusammenhang mit der Diskussion über die Glyphosat-Zulassung) ist eine Bundesbehörde mit über 800 Mitarbeiter/innen, darunter mehr 300 Wissenschaftler/innen. Und diese sicherlich gut dotierten Fachkräfte haben während ihrer Arbeitszeit tagelang vor der Glotze gesessen und sich einhundert (in Worten 100!) Kochshows angesehen. OK, einige Sendungen sind an der Grenze zur Schmerzensgeld-Pflicht, aber ich behaupte mal, es gibt schlimmere Jobs in diesem Land, weitaus schlimmere.

Anschließend wurde – in welchem Zeitrahmen ist mir nicht bekannt – das Ganze natürlich ausgewertet und zwar unter dem Gesichtspunkt der Vorbildfunktion. Nein, es sollte nicht erforscht werden, wer das das größte Großmaul im deutschen Koch-Olymp ist und auch nicht, wie oft Schimpfwortezu hören sind, die mit „Schei“ beginnen und auf „ße“ enden die elterlichen Erziehungsbemühungen bei jungen Zuschauer/innen torpedieren. Es ging um Hygiene in der Küche, also schlicht und ergreifend darum, ob die Vorturner, äh Vorkocher auch brav die Hände gewaschen haben, ob sie regelmäßig die Schneidbretter wechseln, keine Flecken ins T-Shirt schmieren und niemals den Löffel ablecken. Bahnbrechende Erkenntnis: Es sind Menschen, die vor der Kamera schnibbeln, kochen und brutzeln und sie machen Fehler. Auch bei der Küchenhygiene.

Noch bahnbrechender aber die Erkenntnisse: Die Zuschauer sind auch nicht besser! Sie machen dieselben Fehler, wie ihre Fernseh-Vorbilder. Wenn jedoch die (meist selbsternannten) Kochgötter Hygiene-Fehler vermeiden, machen die Zuschauer/innen auch das nach, ist ein weiteres, „wissenschaftliches“ Ergebnis. Worum wetten wir, dass Fernsehköche, die vor der Kamera irgendetwas besonders sorgfältig oder wiederholt säubern, das nicht stillschweigend und ohne Begründung tun? Als ob sie es sich verkneifen würden neben Kochtipps, ab und zu mal den Oberlehrer zu geben, bei dem schon Meister Propper die Schulbank drückte.

Liebe Experten der Bundesbehörde: nach diesen wichtigen Erkenntnissen warte ich jetzt noch auf eine Doppelblind-Studie dazu, welche Auswirkungen es auf die Sicherheit von Kindern im Straßenverkehr hat, wenn Erwachsene ihnen nicht nur erklären, warum Ampeln manchmal rot sind, sondern ihnen auch noch vormachen, wann man dann stehen bleiben sollte. Das Ergebnis könnte ich Euch in wenigen Sätzen ohne großen Zeitaufwand aufschreiben. Könnt Ihr dann bitte die vielen eingesparten Arbeitsstunden darauf verwenden, Eure Beamten-Kolleg/Innen in den Ausländerbehörden bei der Abnahme von Fingerabdrücken oder der Aushändigung von Pässen zu unterstützen?

fl

Und danach?

Hach, war das schön, als wir im November Abschied vom Internationalen Café genommen haben. Viele treue Besucher/innen und Helfer/innen, Mitstreiter/innen der ersten Stunde waren gekommen, und wir haben alle ganz vertraut zusammengesessen und geklönt. Allen noch Mal ganz, ganz herzlichen Dank, auch für die Präsente und anerkennenden Worte.

Internationales KochenUnd jetzt? Jetzt gibt es natürlich weitere Begegnungen und Treffen – nicht nur privat. Bereits im September fiel der Startschuss für eine internationale Kochgruppe, die seitdem einmal im Monat allen Beteiligten viel Spaß macht.

Die Küchen anderer Länder kennenzulernen, steht im Mittelpunkt, wenn in der Schulküche drei Backöfen und zig Kochtöpfe auf einmal für beschlagene

Fensterscheiben sorgen. Und so stehen dann schon mal die abenteuerlichsten Kombinationen auf dem Tisch, beispielsweise ein syrisches Reisgericht mit Gemüse und Hähnchen und afghanische Teigtaschen neben Kartoffelpuffern mit Apfelmus. Alles ganz nach dem Motto „Integration macht dick, und ich bin stets bemüht, die Nachhaltigkeit dieser These unter Beweis zu stellen“.

Und als Nächstes ist ein Projekt in der Planung, dessen Idee beim Internationalen Café aufkam und viel Interesse fand: ein Gesprächskreis nur für Frauen, der Ende Februar starten wird. Dabei soll es nicht nur um Fragen des Alltags gehen, sondern auch um Kultur, Religion und Gesellschaft. Wir wollen uns darüber austauschen, welche Gemeinsamkeiten wir haben, welche Unterschiede zu respektieren und möglicherweise zu überwinden sind, und was wir eventuell voneinander lernen können. Die an der Vorbereitung beteiligten Frauen sind sich einig: Je mehr wir voneinander wissen, je besser wir uns und unsere Wurzeln verstehen, desto einfacher und harmonischer wird unser Zusammenleben. Und ebenfalls herrscht Übereinstimmung: Es geht ums Wissen von- und übereinander und nicht darum, überzeugen zu wollen, dass die eine Ansicht besser ist als die andere, dass ein Glaube über dem anderen stehen soll.

Frauen im DialogEs bleibt also spannend. Und ich werde noch so manche Kanne Kaffee und Tee Samstag nachmittags in der Bücherei kochen (zum Glück wieder mit der Profi-Ausstattung des Café Knitterfrei).

fl

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