Klar trübt dieses winzig kleine Teilchen, das seit Monaten unseren Alltag bestimmt, meine Laune. Klar nervt es mich, dass das vertraute Beisammensein und die Unternehmungen mit Freund/innen und Bekannten eingeschränkt werden. Und klar, geht mir die Maske auf den Geist, ich bin nämlich Brillenträgerin und habe bisher unter den vielen guten Tipps, wie ich das Beschlagen der Brillengläser gerade im Winter vermeiden kann, noch keinen richtig wirksamen gefunden.
Aber ich habe, wie die meisten Menschen, die Bestimmungen befolgt in der Hoffnung, dass die Situation sich möglichst schnell verbessert, wenn möglichst viele an einem Strang ziehen. Auch wenn ich einzelne Maßnahmen kritisiert habe, war ich im Großen und Ganzen zufrieden mit dem, was die Politik unter Leitung ihrer Chefin so gemacht hat und war überzeugt „In dieser Pandemie möchte ich in keinem anderen Land leben, als hier.“
Ja, ich habe bewusst geschrieben „ich war zufrieden“, denn im Moment bin ich stinksauer. Nicht darüber, dass ab kommendem Montag die Maskenpflicht verschärft wurde, sondern darüber, dass es den meisten Verantwortlichen gepflegt am Gesäß vorbeigeht, wie diese dann von allen Bürger/innen befolgt werden kann. Es zeigt sich gerade mal wieder, dass die Bezeichnung „sozial schwach“ in unserem Land völlig falsch verwendet wird, wenn damit Menschen mit geringem Einkommen und Bezieher/innen von Transferleistungen bezeichnet werden, und nicht Politiker/innen, denen es (mit Verlaub sch…) egal ist, ob und wie eine riesengroße Gruppe in unserem reichen, zivilisierten Land es finanziell stemmen kann, die angeordneten Masken zu bezahlen.
Geprüfte und zertifizierte (ohne, ist wahrscheinlich ein Kaffeefilter mit Haushaltsgummis mindestens so wirksam) FFP2 Masken kosten in etwa zwei bis drei Euro pro Stück. Wenn man sie nicht in Großpackungen kauft, für die man erst einmal die nötigen über hundert Euro übrig haben muss. Bei einem Regelsatz für Hartz4-Empfänger/innen von 446 Euro im Monat eher unwahrscheinlich. Das scheint auch in der Politik aufgefallen zu sein, so dass in Geschäften, öffentlichen Gebäuden, Bussen und Bahnen auch OP-Masken erlaubt sind. Die sind nicht nur preiswerter, sondern leider auch weniger schutzwirksam.
Mit anderen Worten, Politiker/innen tun nichts dagegen, dass nur diejenigen, die es sich leisten können von einem besseren Gesundheitsschutz profitieren können. Vom Abgeordneten über Minister bis hin zur Regierungschefin haben alle einen Eid auf das Grundgesetz geschworen. Da sollten sie doch wohl auch alle wissen, was drin steht, zum Beispiel in Artikel Drei. Trotzdem steuern sie weiter darauf hin, dass in Corona-Zeiten nicht nur die Bildungschancen, sondern auch der Gesundheitsschutz vom Einkommen abhängig ist, und erhebliche Bevölkerungsteile massiv benachteiligt sind.
Aber es ist nicht nur der Gesundheitsschutz derjenigen gefährdet, die sich die teuren Masken nicht leisten können, und für deren Anschaffung keine Unterstützung erhalten, sondern unser aller Schutz vor dem Virus, das durch Mutationen gerade immer ansteckender wird. Ich erinnere mich mit Grausen, was für abgeranzte, kaputte Einmal(!)-Masken ich im vergangenen Jahr gesehen habe, bevor sich kostengünstige, oft selbstgeschneiderte Alltagsmasken durchsetzten.
Machen wir doch mal die Rechnung auf für Hartz4-Bezieher/innen: Der Regelsatz sieht für Gesundheitspflege 17,02 Euro im Monat vor, umgerechnet etwa acht bis 10 FFP 2 Masken, die für eine maximale Schutzwirkung nicht länger als ca. acht Stunden getragen werden sollten. Deren Wirksamkeit durch ein halbes Stündchen im Backofen verlängern zu wollen, ist unter Fachleuten höchst umstritten, und der Strom dafür ja auch nicht umsonst.
Die Rechnung geht aber nur auf, wenn man nicht zwischendurch mal, gerade im Winter, Hustensaft, Nasensalbe oder Augentropfen braucht, und erst recht nicht für diejenigen, die das „Pech“ haben, eine Frau im gebärfähigen Alter zu sein. Sie können nämlich durchschnittlich jeden Monat gut sieben bis neun Euro für Tampons/Binden, Slipeinlagen und Schmerzmittel veranschlagen, dazu kommen noch Kosten z. B. für den Ersatz versauter Unterwäsche und erhöhten Schokoladen-Verbrauch.
Was also tun, wenn das Budget für die Masken aufgebraucht, aber noch viel Monat übrig ist? Einsparungen an anderer Stelle sind kaum möglich, wenn man eine Summe zur Verfügung hat, die nach Ansicht von Sozialverbänden nicht mal den Grundbedarf deckt. Konsequent die Wohnung nicht mehr verlassen, nicht mal zum Einkaufen von frischer Milch, oder wenn das Klopapier ausgegangen ist? Da werden doch wohl eher Masken getragen, bis sie anfangen zu zerfleddern, oder die ausgeleierten Gummibänder abgerissen sind. Mit anderen Worten, um die Bestimmungen zu erfüllen, die das Tragen von Einwegmasken vorschreiben, setzen sich Betroffene nicht nur sich selbst, sondern vor allem auch ihre Umgebung einem beträchtlichen Ansteckungs-Risiko aus.
Das kann es doch wahrlich nicht sein, was die Politik erreichen wollte, als sie die Maskenpflicht verschärfte. Abhilfe zu schaffen, ist da gar nicht schwer: Ein bisschen weniger Corona-Staatsknete für Großunternehmen, die sich vor Steuerzahlungen in Deutschland drücken, und dafür Masken für Geringverdienende, Empfänger/innen von Sozialleistungen und deren Familien kaufen. Eine Rechnung, die aufgeht, und die ohne Hochbegabung, akademische Bildung oder ministerielle Amtsführung, auch von Menschen gelöst werden kann, die laut Regelsatz jeden Monat ganze 1,61 Euro für Bildung ausgeben können.
fl
