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Portion Senf dazu?

Die Bücherei St. Lamberti bloggt

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Verpackung

1,70 Meter Ärgernis

Besser gut gekauft, als schlecht gemacht, ist ein Motto, mit dem ich nicht nur meine Fähigkeiten als Hobby-Schneiderin gut beschreiben kann, sondern das auch im Zusammenhang mit meiner Lieblings-Kohlenhydrat-Zufuhr in Form von Nudeln recht treffend ist. Nein, an dieser Stelle, soll es nicht darum gehen, ab welchem (in der Regel selbst definierten) gesellschaftlichen Status man nicht mehr Nudeln sagen, sondern von Pasta sprechen muss, und ob Buchstaben-Nudeln auch darunter fallen. Es geht nicht mal um Nudeln an sich, sondern unter anderem am Beispiel einer von mir bevorzugten Marke um das leidige Thema Verpackungs- und Plastikmüll. Diese am blauen Karton zu erkennende Marke schmeckt mir nicht nur sehr gut, sie hat gegenüber der in grün verpackten Konkurrenz auch den Vorteil, dass ich mit ihrem Kauf nicht die Konzern-Kranke Nestlé unterstütze.

Was mich an der blauen Sorte allerdings stört, ist das Sichtfenster im Karton, mit dem die Firma den Beweis antritt, dass in der Packung auch das drin ist, was drauf steht. Als ob das deutsche Lebensmittelrecht es zulassen würde, dass mit Spaghetti-Fotos für Kartoffelpüree-Flocken geworben werden darf.

Seit Jahrzehnten konditioniert auf eine angeblich „deutsche Tugend“, nämlich die Mülltrennung, ist mir klar, dass das Zellophan-Fenster im Papiermüll ebenso wenig zu suchen hat, wie der Pappkarton im Plastikmüll. Also zerrupfe ich die Schachtel und teile ihre Bestandteile auf im gelben Sack und im Altpapier.

Nein, damit werde ich die Weltmeere nicht retten, aber irgendwo muss frau ja mal anfangen. Und weiter mache ich bei m Einpackenmeiner Einkäufe für den Heimtransport. Die weißen Gemüsenetze (meiner Meinung nach nicht die glücklichste Farbwahl für Kartoffeln, braune Champignons) waren schon lange bevor die Ohrentüten aus sehr dünnem, aber erstaunlich tragfähigem Plastik aus den Supermärkten verschwunden sind, bei mir in Gebrauch.

Brötchen kommen in einen Stoffbeutel mit eingenähtem Sichtfenster, in dem sie auch aufbewahrt werden, was die bis dato stabilen Zähnen danken. Aus einem Herrenhemd entstand ein Rucksack, dessen Tragekomfort ich einem Korb vorziehe, und aus einem Stück Textil-Werbebanner und den Hosenbeinen ausrangierter Jeans eine sehr große Einkaufstasche, die zum Beispiel dann zum Einsatz kommt, wenn die Nudeln in der blauen Pappschachtel mit Kunststoff-Fenster mal wieder im Angebot sind.

In einem früheren Beitrag schrieb ich ja schon von meinem Faible für den Unverpackt-Laden im Nachbarort , aber aus geographischen und finanziellen Gründen erstehe ich meine Lebensmittel auch im örtlichen Supermarkt oder bei Discountern. Und da begegne ich regelmäßig einem Produkt, das auf meiner persönlichen Beliebtheitsskala immer schon ganz weit unten stand. Anfangs, weil sein Gebrauch sehr häufig mit nervraubendem Gefriemel verbunden ist, später wegen eines gewachsenen Umweltbewusstseins und der Überzeugung, dass (in Anlehnung an Loriot) ein Leben ohne dieses Zeugs sehr gut möglich und sinnvoll ist. Die Rede ist von Frischhalte-Folie, die sich beharrlich an ihre Rolle klammert und sich am liebsten  in Fetzen von der Abrisskante portionieren lässt wird.

Anders scheinen Profis damit umgehen zu können, was sicherlich auch an der Ausstattung mit Folienrollen in Stoffballen-Größe und entsprechendem Schnittwerkzeug liegen mag. Jedenfalls scheint beispielsweise die Begeisterung von Käsefachverkäufer/innen im Supermarkt so groß zu sein, dass sie erst nach der fünften bis sechsten Folienumrundung für 150 Gramm Brie glücklich sind. Von der Schweinerei beim Auspacken, wenn der Käse einen bestimmten Reifegrad erreicht hat, fange ich erst gar nicht an.

Ein gewisses Unbehagen ist auch im Spiel, wenn beim Discounter Gemüse in Kunststoff-Verpackung gehüllt ist. Da ist nicht nur die Bio-Gurke oder der Kohlkopf in Ganzkörper-Präservativen eingeschweißt, auch Frischhaltefolie versucht ihrem Namen alle Ehre zu machen. Dient meiner Meinung nach aber eher dazu, mit ein paar zugefügten Bröckchen ein Einheitsgewicht zu erreichen, damit die Kassierer/innen ihre Rekordzeiten einhalten können. Sehr verlockend war kürzlich der Anblick von Brokkoli, weil er nicht nur die Frage „Was könnte ich den heute mal kochen?“ beantwortete, sondern beim Gedanken ihn als Zutat für einen mit Käse überbackenen Auflauf zu verwenden, für verstärkten Speichelfluss sorgte. Da spielte die Verpackung nur noch eine sehr unwesentliche Rolle, eigentlich gar keine. Bis ich in der Küche stand und mich an die alte Spruchweisheit erinnerte, dass die Götter vor den Erfolg den Schweiß gesetzt haben. Die diversen Gummibänder am Brokkoli-Strunk waren schnell entfernt, sie erfüllten ohnehin keinen Sinn, denn die Folie war derart stramm um das Gemüse gewickelt, dass es auch nach einem Dampfwalzen-Unfall noch in Form geblieben wäre. Der Einsatz der Schere  schien mir unter solchen Bedingungen nicht angebracht.

Gut, der Aufkleber dessen Aufdruck mir versicherte, dass ich tatsächlich einen Brokkoli in den Händen hielt, markierte den Anfang einer Wickeltechnik, für die archäologische Grabfunde in ägyptischen Pyramiden als Vorbild gedient haben müssen. Das Auswickeln dauerte gefühlsmäßig endlos – gut, nicht sooo lange, dass zu befürchten war, der Brokkoli wäre inzwischen mumifiziert. Jedenfalls hielt ich zum guten Schluss ein Stück Frischhaltefolie von erstaunlicher Länge in den Händen. So erstaunlich, dass ich wissen wollte, wie lang es tatsächlich war und es nachgemessen habe. Heraus  kamen 170 Zentimeter, eine Zahl, die in meinem Personalausweis steht um meine Körpergröße zu dokumentieren.

Irgendwo las ich mal, dass bei irgendwelchen Schönheitsbehandlungen bedauernswerte Menschen sich von Kopf bis Fuß in Frischhaltefolie wickeln lassen, weil sie glauben, wenn sie viel Geld dafür bezahlen, würden sie ihre Wunschfigur im Hand-, äh Folienumdrehen erreichen können. Ich habe den Gedanken, mich in die Brokkoli-Verpackung zu wickeln gar nicht aufkommen lassen. Denn auch wenn die Länge stimmte, die Folienbreite hätte nur einen sehr geringen Teil meiner (kreisförmigen) Rundungen bedecken können. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum ich mir jetzt vorgenommen habe, mein Gemüse wieder öfter unverpackt auf dem Wochenmarkt zu kaufen, denn Meeresgetier braucht keine vermeintlichen Schönheitsbehandlungen mit Plastikfolie, sondern saubere Gewässer und Böden ganz tief da unten.

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1,70 Meter Folie für 500 Gramm Gemüse

Wo man einpacken kann

Als in Vor-Corona-Zeiten Diskussionen und Gespräche über Klimawandel, Umweltschutz und darüber, was jede/r Einzelne tun kann, an der Tagesordnung waren, hörte ich auch in unserer Kleinstadt immer wieder „Ich würde mir ja einen Unverpackt-Laden wünschen, aber dafür ist das Städtchen wohl zu klein“. Ich fürchte, genauso ist es, weshalb ich gerne die Gelegenheit nutze eine Mitfahrgelegenheit zu einem Laden in einer größeren Stadt zu erwischen.

Seit ich vor ein paar Jahren in Kiel zum ersten Mal in einem Unverpackt-Laden eingekauft habe, ist mein Verbrauch an Zahnpasta rapide zurück gegangen. Keine Sorge, ich putze mir nach wie vor regelmäßig und gründlich die Zähne (mag Bambus-Zahnbürsten immer noch nicht), aber eben nicht mit einer Paste aus der Plastiktube (die unschöne Flecken auf der Schlafanzugjacke hinterlassen kann), sondern mit kleinen Tabs, aus einem ausrangierten Schraubdeckelglas. Ich finde, meine Zähne werden damit schön sauber und mein Zahnarzt hat bisher auch nicht gemeckert.  

Auch festes Haarshampoo hat längst den Einzug in mein Badezimmer gehalten und der Griff zum Seifenstück unter der Dusche ist ebenfalls längst selbstverständlich. Weiterer Vorteil: So manche Seife riecht einfach viel besser als diverse mit viel Chemie versehene Schaumschlägerei aus der Plastikpulle.

Egal, was die Werbung verspricht, da wird meine Laune ziemlich mies.

Ja, ich bin grundsätzlich Fan von Bio-Produkten und mindestens ebenso großer Fan von Müllvermeidung. Umso enttäuschender finde ich es, wenn Bioprodukte nicht nur doppelt verpackt sind, und die äußerste Hülle nur dafür gut ist, mehr Masse vorzutäuschen. Und als ich auf der Zutatenliste für den 25 Gramm Inhalt der kleinen Tüte als erstes „Salz“ las, war mein erster Gedanke „Mist, reingefallen“. Und mein zweiter, dass ich mein Abendessen nur noch „Dinner“ nennen werde, wenn ich das teure Kräutersalz verwende.

Da stimmt dann ein Besuch im Unverpackt-Laden doch versöhnlich, wenn ich mit einem Korb leerer Gläser anrücke und genau die Menge der Produkte einfülle, die ich haben möchte. Hat beim Ein-Personen-Haushalt auch den Vorteil, dass ich einige Zutaten erst einmal in kleinen Mengen zum Probieren kaufe, bevor ich mich damit großzügig bevorrate, wie mit Lebensmitteln und Gewürzen, die ich schon kenne. Das gilt auch für Waschpulver und Reinigungsmittel.

Ein ganz neuer, gar nicht mal so weit entfernter Unverpackt-Laden ist kürzlich in der Region eröffnet worden, der mich allein schon aufgrund seiner Größe und seiner tollen Auswahl begeisterte. Einerseits schön, dass ich jetzt nicht mehr in irgendeine Großstadt fahren muss für die unverpackten Einkäufe, andererseits sind die Chancen, dass im hiesigen Städtchen mal so ein Geschäft aufmachen wird, weiter gegen Null gesunken. Aber frau kann eben nicht alles haben, und ich werde mir eben angewöhnen müssen, bei künftigen Einkäufen im Unverpackt-Laden einen Einkaufszettel mitzunehmen. Der Vorsatz ist da, an einer gelungenen Umsetzung zweifle ich noch. Ich kenn mich doch.

fl

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