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Portion Senf dazu?

Die Bücherei St. Lamberti bloggt

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vegan

Nur ohne Mehlschwitze

„Wenn ich mal groß bin, dann esse ich das nie!“ Ganz bestimmt bin ich nicht die Einzige, die sich das in Kindertagen geschworen hat, hoffentlich aber auch nicht die Einzige, die diesen Schwur gebrochen hat. Ich gehöre ja noch zu der Generation, bei der „Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt“, zum Erziehungskonzept gehörte. Glücklicherweise nicht mit den Auswüchsen, dass ich mit zunehmendem Brechreiz vor einem Mittagessen sitzen musste, dessen Optik sich im Laufe von Stunden immer mehr dem verhassten Geschmack anpasste. Nein, es gab für mich sogar zwei Ausnahmen von der Regel: Linsensuppe und Dicke Bohnen. Wenn diese Leibspeisen meines Vaters auf dem Speiseplan standen, bekam ich im ersten Fall irgendwelche Reste vom Vortag und im zweiten Fall ein Spiegelei zu den bereits vorhandenen Salzkartoffeln.

Ich war deutlich über 40 Jahre alt, als ich zum Ersten Mal Linsen gegessen habe, und zwar aus Versehen auf der dämmrigen Restaurant-Terrasse vor dem historischen Rathaus in Tallin, als ich ein Beilagen-Türmchen, dessen Farbe sich dem schwindenden Tageslicht angepasst hatte, optisch nicht identifizieren konnte. Wenn’s ums Essen geht, bin ich  durchaus mutig, es gibt wenig, das ich nicht probiere. Zu meinem Erstaunen waren es Linsen, die sich geschmacklich erfreulich von der braunen Suppe unterschied, die traditionell mit einem ordentlichen Schuss Essig angeblich verfeinert werden musste.

Braune Linsen sind auch heute noch nicht unbedingt mein Lieblingsgericht, sondern stehen auf der Hitliste irgendwo in der Mitte. Aber Spaghetti Bolognese, bei der das Hackfleisch durch rote Linsen ersetzt wird, stehen schon deutlich höher, werden aber noch von diversen Salaten mit den niedlichen schwarzen Beluga-Linsen übertroffen.

Nur Dicke Bohnen hatten weiterhin das Prädikat „kriege ich nicht durch den Hals“, denn die kannte ich nur aus der Dose mit einer dicken Mehlpampe und noch dickeren Speckstücken, die nach dem Kochen in nicht ganz so dicke Scheiben geschnitten wurden. Bohnenkraut tat sein Übriges, mir das Gericht gründlich zu vermiesen.

Neugierig machte mich eine junge Iranerin, die mir ein Rezept aus ihrer Heimat empfahl (den Spruch mit der Integration, die dick macht, erspare ich euch an dieser Stelle mal) , allerdings mit einer Bohnensorte, deren deutsche Bezeichnung wir nicht herausfinden konnten, so dass sich der Einkauf schwierig gestaltete. Dicke Bohnen wiesen durchaus eine Ähnlichkeit auf. Nur in der Dose kommen die mir garantiert nicht über die Schwelle, so dass ich mich für TK-Ware entschied, die, wie im Rezept vorgesehen, schon gepellt war.

Das Rezept sieht Knoblauch vor, also schon mal vielversprechend, denn Knoblauch geht bei mir immer (außer in Süßspeisen, egal wie die Rezeptbilder aussehen). In diesem Fall angedünstet in Ghee zusammen mit den Bohnen und Gewürzen wie Kurkuma, Sumak, einer Spur Minze, getrocknetem Dill und natürlich Salz und Pfeffer. Schade, dass ich nie erleben werde, wie meine Mutter auf den Anblick dieser Mischung reagiert hätte. Mit einem kleinen Glas Brühe fünf Minuten gekocht, dann vorsichtig zwei Eier in den Topf gegeben und stocken lassen ist von ihrer Mehlschwitzensauce natürlich meilenweit, in dem Fall Kontinente weit, entfernt. Und Reis als Beilage zu Dicken Bohnen hätte meinen Vater wahrscheinlich an meiner kulinarischen Zurechnungsfähigkeit zweifeln lassen.

Was soll ich sagen? Es hat hervorragend geschmeckt, und gehört ab sofort zu meinen immer wiederkehrenden Alltagsgerichten. Irgendwie bin ich ganz froh, dass ich in meiner Kindheit nicht mehr Gemüsesorten in der Kategorie „Geht gar nicht“ hatte. Wer weiß, was mir im Laufe von Jahrzehnten noch so entgangen wäre.

Liebe Eltern, wenn ihr beim nächsten Mal lange Debatten mit eurer heimischen Tischgesellschaft über die Vorzüge und Nachteile bestimmter Gemüsesorten führt, denkt dran: es wird besser, auch eure Kinder werden irgendwann mal auf den Geschmack kommen. Wenn ihr Glück habt, früh genug, dass ihr das noch miterlebt.

Auf besonderen Wunsch eines einzelnen Büchereileiters hier das Rezept im Detail für 2 Portionen, das ein bisschen vom Original abweicht:

2 Tassen Reis, mit ½ TL Salz, und wer (wie ich) mag 1 TL „7Gewürze“ aus dem türkisch/arabischen Laden in 4 Tassen Wasser garen.
300 g Dicke Bohnen ohne Schale
1 EL Ghee (wer Öl nimmt, bekommt ein veganes Gericht)
2 Zehen Knoblauch (die Diskussion ob zerquetscht oder feinst gewürfelt überlasse ich anderen, ich benutze nach wie vor die Knoblauchpresse
½ TL Kurkuma
eine große Prise Sumak
eine kleine Prise getrocknete Minze
1 TL getrockneter (in dem Fall die richtige Wahl) Dill
Salz und Pfeffer
150 ml Gemüsebrühe
2 Eier

Die aufgetauten Bohnen mit den Gewürzen im Ghee/Öl andünsten Brühe dazu geben und aufkochen lassen. Gut fünf Minuten garen lassen, dann vorsichtig zwei Eier auf das Gemüse geben (ich schlage sie vorsichtshalber in der Tasse auf und lasse sie in den Topf gleiten). Jetzt auf gar keinen Fall umrühren, sondern Deckel auf den Topf und die Eier stocken lassen.

Wenn ihr es ausprobiert, lasst mich bitte wissen, wie es euch geschmeckt hat. Dicke-Bohnen-Phobiker/innen natürlich zuerst.

P.S.: Gekocht, gegessen und beschrieben mit ganz liebem Dank an Mehrnaz!

fl

Vegetarier brauchen keine Extrawurst

„Boooaaah, dann stopf dir doch den Mund voll mit deinem makrobiotischbiodynamischen, bei abnehmendem Neumond mit in der Quelle des Amazonas energetisierten Natursteinen gemörserten Brotaufstrich. Aber bitte so voll, dass du dann nur noch schweigend kauen kannst.“ Nur der – bestimmt nicht immer mühelosen – Erziehung meiner Eltern zu Höflichkeit und netten Umgangsformen ist es zu verdanken, dass ich solche Gedanken für mich behalte, wenn mir mal wieder jemand mit viel missionarischem Eifer und häufig noch mehr Wissenslücken den neuesten, nicht nur besonders gesunden, vor allem aber besonders angesagten Ernährungstrend schmackhaft machen will.

Nein, ich habe überhaupt nichts gegen Vegetarierer/innen und Veganer/innen*. Sie können essen, was immer sie wollen, solange sie nicht meinen, jeden, den es nicht interessiert, davon in Kenntnis setzen zu müssen. Gerade bei Veganern fällt mir häufig eine überhebliche und selbstherrliche Attitüde auf, mit der sie deutlich machen wollen, die besseren Menschen zu sein, weil sie mit dem Verzicht auf alle tierischen Produkte Natur und Umwelt viel mehr schonen, als alle anderen Menschen mit einem ökologischen Bewusstsein zusammen. Äh nö, es ist kein wirksamer Umweltschutz, wenn die Alternativen für Wolle, Federn oder Leder den Plastikberg weiterhin anwachsen lassen, dessen Herstellung ja nun auch nicht gerade eine Wohltat für Luft und Boden ist.

Da lob ich mir doch ganz lockere Vegetarier, wie die 16jährige Büchereipraktikantin, die in einem Gespräch über Kochbücher und Kochen mal so ganz am Rande erwähnte „Bei uns Zuhause isst niemand Fleisch.“ Das sich daraus ergebende Gespräch war dann ausschließlich meiner Neug…, äh meinem Interesse geschuldet, und wahrlich nicht einem unerwünschten Mitteilungsbedürfnis meines Gegenübers, denn da ist Fehlanzeige.

VegetarischIn Naemis Familie leben drei Generationen vegetarisch, die Jüngeren von Geburt an. Entsprechend selbstverständlich ist das Weglassen von Fleisch auf dem Speiseplan, als Verzicht wird das nicht empfunden. Schließlich bietet das Angebot an Lebensmitteln in diesem Land eine derart große Palette, dass die Familie auch keinen Bedarf an Ersatzprodukten wie vegetarische „Würstchen“ oder „Schnitzel“ sieht. Wer die nie probiert hat: Menschen mit durchschnittlichem Geschmacksempfinden dürften lieber nahezu jeden „Verzicht“ in Kauf nehmen, als sich das anzutun. Bei den wohlschmeckenden Ausnahmen vergeht einem leider beim Anblick der Zutatenliste schon der Appetit. Ja, ich habe blöderweise erst gegessen und dann gelesen. Die alte Römer-Weisheit „Ein voller Bauch studiert nicht gern“ zählt da wohl nicht als Erklärung/Entschuldigung.

Aus der Ernährungsweise macht in Naemis Familie, die ich spontan zu meinem Lieblingsbeispiel für sehr sozialverträgliche Umgang mit alternativen Ernährungsformen erklären möchte, kein Geheimnis. Naemi: „Wenn mich jemand fragt, gebe ich natürlich Antwort und führe auch längere Gespräche zu dem Thema. Ansonsten ist das aber meine Sache, die ich von mir aus nicht thematisieren muss“.

Ach, liebe Veganer missionarischen Blogger und (bei mir besonders beliebt) selbst ernannte „Influencerinnen“, könnt Ihr Euch bitte mal ein Beispiel an der 16jährigen nehmen? Und liebe Leute, die ihr auf Essenseinladungen mit einer langen Liste unerwünschter Lebensmittel und Zutaten reagiert, könnt Ihr Euch auch bitte ein Beispiel an eben dieser 16jährigen nehmen, wenn sie feststellt „Vegetarier brauchen keine Extrawurst.“?

fl

*Ab dieser Zeile bitte ich die geneigte Leser/innenschaft ;-), sich das „/innen“ zu denken.

Trendiger Scheiß

trendiger-scheis

„Voll im Trend“, ein Begriff, den ich nicht nur sprachlich für ausgesprochen fragwürdig halte, sondern der mich auch inhaltlich immer wieder vor Probleme stellt. Während ein Trend den nächsten jagt, lehne ich mich oft gerne entspannt zurück und bekenne mich dazu, in manchen Bereichen hoffnungslos altmodisch zu sein. Und manchmal gibt es Trends, über die ich mich ärgere oder sehr amüsiere, man könnte auch sagen, die ich einfach nur lächerlich finde.

Es ist ja kein Geheimnis, dass ich passionierte Strickerin bin und manchmal mit mehr Begeisterung als Können nähe.

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