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Portion Senf dazu?

Die Bücherei St. Lamberti bloggt

Schlagwort

Umweltschutz

1,70 Meter Ärgernis

Besser gut gekauft, als schlecht gemacht, ist ein Motto, mit dem ich nicht nur meine Fähigkeiten als Hobby-Schneiderin gut beschreiben kann, sondern das auch im Zusammenhang mit meiner Lieblings-Kohlenhydrat-Zufuhr in Form von Nudeln recht treffend ist. Nein, an dieser Stelle, soll es nicht darum gehen, ab welchem (in der Regel selbst definierten) gesellschaftlichen Status man nicht mehr Nudeln sagen, sondern von Pasta sprechen muss, und ob Buchstaben-Nudeln auch darunter fallen. Es geht nicht mal um Nudeln an sich, sondern unter anderem am Beispiel einer von mir bevorzugten Marke um das leidige Thema Verpackungs- und Plastikmüll. Diese am blauen Karton zu erkennende Marke schmeckt mir nicht nur sehr gut, sie hat gegenüber der in grün verpackten Konkurrenz auch den Vorteil, dass ich mit ihrem Kauf nicht die Konzern-Kranke Nestlé unterstütze.

Was mich an der blauen Sorte allerdings stört, ist das Sichtfenster im Karton, mit dem die Firma den Beweis antritt, dass in der Packung auch das drin ist, was drauf steht. Als ob das deutsche Lebensmittelrecht es zulassen würde, dass mit Spaghetti-Fotos für Kartoffelpüree-Flocken geworben werden darf.

Seit Jahrzehnten konditioniert auf eine angeblich „deutsche Tugend“, nämlich die Mülltrennung, ist mir klar, dass das Zellophan-Fenster im Papiermüll ebenso wenig zu suchen hat, wie der Pappkarton im Plastikmüll. Also zerrupfe ich die Schachtel und teile ihre Bestandteile auf im gelben Sack und im Altpapier.

Nein, damit werde ich die Weltmeere nicht retten, aber irgendwo muss frau ja mal anfangen. Und weiter mache ich bei m Einpackenmeiner Einkäufe für den Heimtransport. Die weißen Gemüsenetze (meiner Meinung nach nicht die glücklichste Farbwahl für Kartoffeln, braune Champignons) waren schon lange bevor die Ohrentüten aus sehr dünnem, aber erstaunlich tragfähigem Plastik aus den Supermärkten verschwunden sind, bei mir in Gebrauch.

Brötchen kommen in einen Stoffbeutel mit eingenähtem Sichtfenster, in dem sie auch aufbewahrt werden, was die bis dato stabilen Zähnen danken. Aus einem Herrenhemd entstand ein Rucksack, dessen Tragekomfort ich einem Korb vorziehe, und aus einem Stück Textil-Werbebanner und den Hosenbeinen ausrangierter Jeans eine sehr große Einkaufstasche, die zum Beispiel dann zum Einsatz kommt, wenn die Nudeln in der blauen Pappschachtel mit Kunststoff-Fenster mal wieder im Angebot sind.

In einem früheren Beitrag schrieb ich ja schon von meinem Faible für den Unverpackt-Laden im Nachbarort , aber aus geographischen und finanziellen Gründen erstehe ich meine Lebensmittel auch im örtlichen Supermarkt oder bei Discountern. Und da begegne ich regelmäßig einem Produkt, das auf meiner persönlichen Beliebtheitsskala immer schon ganz weit unten stand. Anfangs, weil sein Gebrauch sehr häufig mit nervraubendem Gefriemel verbunden ist, später wegen eines gewachsenen Umweltbewusstseins und der Überzeugung, dass (in Anlehnung an Loriot) ein Leben ohne dieses Zeugs sehr gut möglich und sinnvoll ist. Die Rede ist von Frischhalte-Folie, die sich beharrlich an ihre Rolle klammert und sich am liebsten  in Fetzen von der Abrisskante portionieren lässt wird.

Anders scheinen Profis damit umgehen zu können, was sicherlich auch an der Ausstattung mit Folienrollen in Stoffballen-Größe und entsprechendem Schnittwerkzeug liegen mag. Jedenfalls scheint beispielsweise die Begeisterung von Käsefachverkäufer/innen im Supermarkt so groß zu sein, dass sie erst nach der fünften bis sechsten Folienumrundung für 150 Gramm Brie glücklich sind. Von der Schweinerei beim Auspacken, wenn der Käse einen bestimmten Reifegrad erreicht hat, fange ich erst gar nicht an.

Ein gewisses Unbehagen ist auch im Spiel, wenn beim Discounter Gemüse in Kunststoff-Verpackung gehüllt ist. Da ist nicht nur die Bio-Gurke oder der Kohlkopf in Ganzkörper-Präservativen eingeschweißt, auch Frischhaltefolie versucht ihrem Namen alle Ehre zu machen. Dient meiner Meinung nach aber eher dazu, mit ein paar zugefügten Bröckchen ein Einheitsgewicht zu erreichen, damit die Kassierer/innen ihre Rekordzeiten einhalten können. Sehr verlockend war kürzlich der Anblick von Brokkoli, weil er nicht nur die Frage „Was könnte ich den heute mal kochen?“ beantwortete, sondern beim Gedanken ihn als Zutat für einen mit Käse überbackenen Auflauf zu verwenden, für verstärkten Speichelfluss sorgte. Da spielte die Verpackung nur noch eine sehr unwesentliche Rolle, eigentlich gar keine. Bis ich in der Küche stand und mich an die alte Spruchweisheit erinnerte, dass die Götter vor den Erfolg den Schweiß gesetzt haben. Die diversen Gummibänder am Brokkoli-Strunk waren schnell entfernt, sie erfüllten ohnehin keinen Sinn, denn die Folie war derart stramm um das Gemüse gewickelt, dass es auch nach einem Dampfwalzen-Unfall noch in Form geblieben wäre. Der Einsatz der Schere  schien mir unter solchen Bedingungen nicht angebracht.

Gut, der Aufkleber dessen Aufdruck mir versicherte, dass ich tatsächlich einen Brokkoli in den Händen hielt, markierte den Anfang einer Wickeltechnik, für die archäologische Grabfunde in ägyptischen Pyramiden als Vorbild gedient haben müssen. Das Auswickeln dauerte gefühlsmäßig endlos – gut, nicht sooo lange, dass zu befürchten war, der Brokkoli wäre inzwischen mumifiziert. Jedenfalls hielt ich zum guten Schluss ein Stück Frischhaltefolie von erstaunlicher Länge in den Händen. So erstaunlich, dass ich wissen wollte, wie lang es tatsächlich war und es nachgemessen habe. Heraus  kamen 170 Zentimeter, eine Zahl, die in meinem Personalausweis steht um meine Körpergröße zu dokumentieren.

Irgendwo las ich mal, dass bei irgendwelchen Schönheitsbehandlungen bedauernswerte Menschen sich von Kopf bis Fuß in Frischhaltefolie wickeln lassen, weil sie glauben, wenn sie viel Geld dafür bezahlen, würden sie ihre Wunschfigur im Hand-, äh Folienumdrehen erreichen können. Ich habe den Gedanken, mich in die Brokkoli-Verpackung zu wickeln gar nicht aufkommen lassen. Denn auch wenn die Länge stimmte, die Folienbreite hätte nur einen sehr geringen Teil meiner (kreisförmigen) Rundungen bedecken können. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum ich mir jetzt vorgenommen habe, mein Gemüse wieder öfter unverpackt auf dem Wochenmarkt zu kaufen, denn Meeresgetier braucht keine vermeintlichen Schönheitsbehandlungen mit Plastikfolie, sondern saubere Gewässer und Böden ganz tief da unten.

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1,70 Meter Folie für 500 Gramm Gemüse

Wo man einpacken kann

Als in Vor-Corona-Zeiten Diskussionen und Gespräche über Klimawandel, Umweltschutz und darüber, was jede/r Einzelne tun kann, an der Tagesordnung waren, hörte ich auch in unserer Kleinstadt immer wieder „Ich würde mir ja einen Unverpackt-Laden wünschen, aber dafür ist das Städtchen wohl zu klein“. Ich fürchte, genauso ist es, weshalb ich gerne die Gelegenheit nutze eine Mitfahrgelegenheit zu einem Laden in einer größeren Stadt zu erwischen.

Seit ich vor ein paar Jahren in Kiel zum ersten Mal in einem Unverpackt-Laden eingekauft habe, ist mein Verbrauch an Zahnpasta rapide zurück gegangen. Keine Sorge, ich putze mir nach wie vor regelmäßig und gründlich die Zähne (mag Bambus-Zahnbürsten immer noch nicht), aber eben nicht mit einer Paste aus der Plastiktube (die unschöne Flecken auf der Schlafanzugjacke hinterlassen kann), sondern mit kleinen Tabs, aus einem ausrangierten Schraubdeckelglas. Ich finde, meine Zähne werden damit schön sauber und mein Zahnarzt hat bisher auch nicht gemeckert.  

Auch festes Haarshampoo hat längst den Einzug in mein Badezimmer gehalten und der Griff zum Seifenstück unter der Dusche ist ebenfalls längst selbstverständlich. Weiterer Vorteil: So manche Seife riecht einfach viel besser als diverse mit viel Chemie versehene Schaumschlägerei aus der Plastikpulle.

Egal, was die Werbung verspricht, da wird meine Laune ziemlich mies.

Ja, ich bin grundsätzlich Fan von Bio-Produkten und mindestens ebenso großer Fan von Müllvermeidung. Umso enttäuschender finde ich es, wenn Bioprodukte nicht nur doppelt verpackt sind, und die äußerste Hülle nur dafür gut ist, mehr Masse vorzutäuschen. Und als ich auf der Zutatenliste für den 25 Gramm Inhalt der kleinen Tüte als erstes „Salz“ las, war mein erster Gedanke „Mist, reingefallen“. Und mein zweiter, dass ich mein Abendessen nur noch „Dinner“ nennen werde, wenn ich das teure Kräutersalz verwende.

Da stimmt dann ein Besuch im Unverpackt-Laden doch versöhnlich, wenn ich mit einem Korb leerer Gläser anrücke und genau die Menge der Produkte einfülle, die ich haben möchte. Hat beim Ein-Personen-Haushalt auch den Vorteil, dass ich einige Zutaten erst einmal in kleinen Mengen zum Probieren kaufe, bevor ich mich damit großzügig bevorrate, wie mit Lebensmitteln und Gewürzen, die ich schon kenne. Das gilt auch für Waschpulver und Reinigungsmittel.

Ein ganz neuer, gar nicht mal so weit entfernter Unverpackt-Laden ist kürzlich in der Region eröffnet worden, der mich allein schon aufgrund seiner Größe und seiner tollen Auswahl begeisterte. Einerseits schön, dass ich jetzt nicht mehr in irgendeine Großstadt fahren muss für die unverpackten Einkäufe, andererseits sind die Chancen, dass im hiesigen Städtchen mal so ein Geschäft aufmachen wird, weiter gegen Null gesunken. Aber frau kann eben nicht alles haben, und ich werde mir eben angewöhnen müssen, bei künftigen Einkäufen im Unverpackt-Laden einen Einkaufszettel mitzunehmen. Der Vorsatz ist da, an einer gelungenen Umsetzung zweifle ich noch. Ich kenn mich doch.

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Unbedenkliches Mausgrau

In freundlichem Mausgrau kommen seit einigen Wochen in der schönsten Bücherei am Ort aus den kleinen, brummenden Druckern die Zettelchen, die die Leser/innen daran erinnern, welche Bücher zu welchem Termin wieder zur Bücherei gebracht werden sollten, um keine Mahngebühren zu bezahlen. Wer die Leihfrist verlängert, bekommt solche Zettel nur vor Ort, wer das per Telefon erledigt, sollte sich die Daten ganz altmodisch mit Stift und Zettel notieren.

Die mausgraue Farbe der Papierrollen hat jetzt nichts mit einem – von mir mal wieder verpassten – Modetrend zu tun, sondern mit der Gesundheit von Bücherei- Nutzer/innen und Mitarbeiter/innen und mit Umweltschutz. Bei deren Herstellung wird nämlich auf bestimmte, gesundheitsgefährdende Zusatzstoffe, vor allem aber auf Bisphenol A verzichtet. Diese chemische Verbindung, jahrelang Bestandteil eines jeden Bons an der Supermarktkasse, steht im Verdacht krebserregend zu sein und hormonverändernde Wirkungen zu haben. Seit Jahresanfang ist sie in einer Konzentration von mehr als 0,02 Prozent in Kassenbons verboten, aber einige Hersteller setzen stattdessen jetzt Bisphenol S, das sicher auch nicht das Prädikat „gesundheitlich wertvoll“ verdient.

Jetzt hat die Bücherei nicht nur eine Vielzahl von Medien zu den Themen „Gesundheit“ „Klima“ und „Umwelt“ im Regal stehen, sondern auch Verantwortliche, die diese Dinge durchaus ernst nehmen. Und deshalb werden die Bons eben auf Papier gedruckt, das ganz ohne Bisphenole und chemische Farbentwickler hergestellt wird und daher ohne Bedenken bei direktem Lebensmittelkontakt verwendet werden dürfte. Für die Bücherei keine notwenige Voraussetzung, die Tasse Kaffee oder Tee, die sich ab und an mal schwungvoll über eines der ausgeliehenen Bücher ergießt, ist damit nämlich nicht gemeint.

Anders als viele Kassenzettel, können die Erinnerungszettel aus der Bücherei bedenkenlos im Altpapier entsorgt werden. Immerhin verbraucht die Bücherei im Laufe eines Jahres soviel von diesem Papier, dass es aneinandergereiht zehn Mal durch die Fußgängerzone des Städtchens gelegt werden könnte. Wie schön wäre es, wenn alle Kassenbons auf umweltfreundlichem Papier gedruckt würden, denn nach Einführung der Bonpflicht haben die laut Handelsverband allein in Deutschland eine Gesamtlänge, die ausreicht um damit fünf Mal den Äquator zu umwickeln. Und anders als auf dem Öko-Papier kann man nicht mit dem Fingernagel darauf malen:

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Frisch aus dem Container

Es ist kein Geheimnis, dass ich gerne und gut esse, denn das sieht man mir an. Der Hang zu gutem Essen mit der gleichzeitigen Wut über Verschwendung und Vernichtung von Lebensmitteln könnte fast Anlass dazu geben, dass ich kriminell werde, wenn nicht Übergewicht in Verbindung mit beschämender Unsportlichkeit mich davon abhalten würde. Denn leider sind die Container der Supermärkte in der Regel von hohen Zäunen umgeben, um die Lebensmittel kurz bevor sie vernichtet werden vor dem Verzehr zu bewahren. Großartige Geste :-(.

Ja, ich finde Containern, also noch gut verwendbare Lebensmittel aus Abfallbehältern vor der Vernichtung zu retten, gut. Natürlich wäre es mir lieber, das Konsumverhalten würde solche Container überflüssig machen. Aber leider gibt es viel zu viele Kund/innen, die darauf beharren, kurz vor Ladenschluss unter mindestens zehn statt drei Brotsorten auswählen zu können. Die Folge: Supermärkte vermieten Ladenflächen nur an Bäckereifilialen, die sich verpflichten, auch am späten Nachmittag mehr Waren im Angebot zu haben, als sie bis Feierabend verkaufen können. Und vielen Vebraucher/innen ist es nicht begreiflich zu machen, dass der Verzehr eines Erdbeerjoghurts einen Tag nach dem MINDESThaltbarkeitsdatum nicht den sicheren Tod oder wenigstens tagelange Beschwerden bedeuten, die eine größere Entfernung von der Badkeramik nicht ratsam erscheinen lassen. Ich bin der lebende Beweis dafür, dass ein Fruchtjoghurt auch noch Wochen nach dem vom Hersteller empfohlenen Verzehr-Termin keinerlei gesundheitliche Schäden hervorruft und kann versichern, dass er sogar noch schmeckt.

Dass übrigens ist es, was mich in der ganzen Debatte um Haltbarkeitsdatum, Verzehrempfehlung und Warnung vor Verdorbenem aus dem Container immer wieder erstaunt: Warum vertraut niemand mehr auf den gesunden Menschenverstand, der einem sagt, dass Lebensmittel, die mit einem weißgrünen Flaum überzogen sind, ebenso in die Tonne gehören und dort bleiben müssen wie die, die einem zu widerlichen olfaktorischen Erlebnissen verhelfen. Und wenn eine  Messerspitze Testportion auf der Zunge britzelt oder muffig schmeckt, wird wohl kein vernünftiger Mensch zum Löffel greifen.

Ich bin immer mal wieder für mehrere Tage zu Gast in einer kleinen Landkommune, deren Bewohner/innen sich neben Erzeugnissen aus dem eigenen, nicht gerade kleinen Garten, vorwiegend mit Lebensmitteln verpflegen, die sie beim Containern ergattern können. Anders, als bei vielen Menschen, bei denen die Bedürftigkeit Anlass fürs Containern ist, ist es bei ihnen der Umweltgedanke und die Ablehnung der immer mehr um sich greifenden Wegwerf-Mentalität.

Die Folge: Ein sehr abwechslungsreicher Speiseplan, zum Teil mit Zutaten, die durchaus der Luxusklasse zuzuordnen sind. Das Kochen dort macht mir richtig Spaß, nicht nur weil an Singlemahlzeiten gewöhnt, die Mengen und Portionsgrößen eine Herausforderung sind, sondern weil mein Improvisationstalent gefordert wird. Zu kochen mit dem, was da ist und nicht erst einzukaufen um ein bestimmtes Gericht zu kochen, ist eine Herangehensweise die man auch ohne Containern viel häufiger praktizieren sollte. Spart nicht nur Geld, sondern bewahrt davor, dass der Kühlschrank irgendwann mit Resten überfüllt ist, die solange eingetuppert bleiben, bis sie wirklich hinüber sind.

Es macht mich immer wieder leicht fassungslos, welche Lebensmittel meine Gastgeber/innen aus den Containern fischen. Kistenweise Artischocken, teure Bio-Brotaufstriche (gerne auch mit MHD erst in zwei Wochen) und sogar ganze Käseräder wurden da schon „erbeutet“. Letztere hatten nur einen einzigen Makel: Es fehlte das Etikett mit der Zutatenliste und dem Mindeshaltbarkeitsdatum. Ach ja, die Bezeichnung fehlte damit natürlich auch, aber der Käse sah nicht nur aus wie Gouda sondern schmeckte auch so.

Aber, egal wie gut erhalten die Lebensmittel noch sind, wer sie braucht, und wie gut sie schmecken: es ist und bleibt strafbar, sie aus den Containern der Supermärkte zu nehmen. Das haben die CDU-Justizminister jüngst bekräftigt, als sie gegen den Vorstoß ihres grünen Kollegen aus Hamburg stimmten, das Containern zu legalisieren. Das allein finde ich schon ärgerlich, weil vermutlich in erster Linie Parteiräson und nicht Intelligenz und Einsicht ausschlaggebend dafür ist. Wirklich haarsträubend aber finde ich die Begründung der Unionsminister, die den Umweltgedanken in Zeiten von Friday für Future oder populären Videobotschaften wohl für unwichtig halten : „Wir wollen nicht, dass sich Menschen in eine solche menschenunwürdige und hygienisch problematische Situation begeben.“

Ja Herrschaften, wie wärs denn mal dafür zu sorgen, dass Menschen in unserem reichen Land nicht unter solchen menschenunwürdigen Bedingungen leben müssen, dass sie oft keine andere Wahl haben, als sich in solche Situationen zu begeben? Zum Donnerschlag nochmal!

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P.S.: Ratet mal, wer diese Petition schon unterschrieben hat: Containern ist kein Verbrechen

Non vitae sed scholae discimus

Als ich im vergangenen Jahr ein junges Paar kennenlernte, das kurz zuvor zusammen mit seinem fünfmonatigen Kind und tausenden anderer Menschen friedlich im Hambacher Forst demonstriert und die Nacht zuvor im Zelt verbracht hatte, schlug die innere Glucke in mir ganz kurz etwas aufgeregt mit den Flügeln für den Säugling. Wirklich nur ganz kurz, vor allem aber völlig überflüssig. Die Eltern waren so liebevoll und fürsorglich, wie Eltern es nur sein können, hatten passende Kleidung, Windeln und Mengen von Ausstattung, die ein Baby eben so braucht, bei der Hand. Und vor allem: Das Kind machte einen glücklichen und zufriedenen Eindruck und wirkte sehr entspannt.

Als mein Kopf nicht mehr vom Flügelschlag eines imaginären – in diesem Fall dummen – Huhns gestört wurde, war er wieder frei für Respekt vor diesen jungen Menschen. Eindrucksvoller als mit einem Baby im Tragetuch kann man doch wohl kaum zeigen, um wessen Zukunft es geht, wenn man gegen Umweltzerstörung und für saubere Luft demonstriert.

Mangelnder Respekt vor denen, die sich wirklich engagieren, und es nicht bei der bequemen Unterzeichnung von Petitionen im Internet belassen, macht mich zornig, wenn ich sehe, mit welcher Häme und gleichzeitiger Scheinheiligkeit, überwiegend versteckt hinter der Anonymität im weltweiten Netz junge Aktivist/innen belächelt, kritisiert und beschimpft werden. Wenn die auflagenstarke Zeitung, in die ich nicht mal meinen Biomüll einwickeln würde aus Sorge, dass es dann erst richtig stinkt, Greta Thunberg als „Öko-Pippi“ bezeichnet, dann ist meine gedankliche Reaktion darauf nicht druckreif. Wenn sie als „altkluge Göre“ bezeichnet wird, ihren Eltern vorgeworfen wird, sie zu instrumentalisieren obwohl sie selber sehr gut denken kann, ihre psychische Störung, mit der sie selber ganz offen umgeht, immer wieder in den Vordergrund gestellt wird, dann zeigt das doch Eines besonders deutlich: Erwachsene können es schwer ertragen, wenn Jugendliche und junge Erwachsene Recht haben mit ihren Vorwürfen. Oder mit der bekannten Binse ausgedrückt: Getroffene Hunde bellen

Ja, und dann ging es der 16jährigen in Katovice und in Davos nicht darum, Höflichkeiten zu verteilen und Respekt vor Mächtigen und Reichen zu zeigen, sondern darum, den Herrschaften dort mal richtig die Meinung zu sagen und ihnen ihre Fehler und Versäumnisse aufzuzeigen. Ausgerechnet diejenigen, die ihr jetzt vorwerfen, dass sie „frech geworden“ sei, für die sind nicht selten Pöbeleien, Rassismus und Hetze von mittelalten und alten Männern und Frauen in den Parlamenten ein Zeichen für „frischen Wind in der Politik“. Das sind auch diejenigen, die gebetmühlenartig fordern, man müsse die Ängste und Sorgen der Menschen ernst nehmen. Gilt das etwa nur für die, die im Schulterschluss mit Rechtsextremen in Gegenden, in denen Geflüchtete ähnlichen Seltenheitswert haben wie Akademiker/innen, die Lüge verbreiten „Wir sind das Volk“? Oder nicht erst recht für diejenigen, die Angst haben vor einer Zukunft ohne saubere Luft und Trinkwasser?

An Scheinheiligkeit kaum zu überbieten ist m. E. die Empörung darüber, dass Jugendliche und junge Erwachsene während der Unterrichtszeit für ihre Gesundheit und die ihrer Kinder und Enkel auf die Straße gehen. Sie schwänzen die Schule. Schockschwerenot! Wie kann man denn da überhaupt Schnappatmung kriegen, wenn man das während der Schulzeit selber getan hat, nur eben nicht öffentlich?

Ich möchte nicht wissen, wie viele von Euch sich beim Lesen gerade mit einem leichten Grinsen an die unentschuldigten Fehlstunden ihrer eigenen Schulzeit erinnern. Bei denjenigen, die den Titel dieses Beitrags ergoogeln mussten, mögen es einige Lateinstunden gewesen sein😉.

Da braucht es schon eine gehörige Portion Bigotterie, Jahre später junge Menschen, die durch ihre Aktion dringend benötigte Aufmerksamkeit erzeugen wollen, davor zu warnen, dass ein paar geschwänzte Schulstunden den direkten gesellschaftlichen und beruflichen Abstieg bedeuten. Da kommen tatsächlich solche Sätze wie „Die Aktivist/innen verbauen sich ihre ganze Zukunft, wenn sie ständig die Schule schwänzen.“ Nein, das haben – wenn nicht ganz schnell die Reißleine gezogen wird – schon andere zuvor für sie erledigt. Und die sollten, mit Verlaub, jetzt einfach mal die Klappe halten und gut und vorurteilsfrei zuhören und dann selber aktiv werden.

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Häkeln für den Spülspaß?

hakelnNeues vom Handarbeitsmarkt! Bereits vor einigen Wochen hatte ich mich über einige Besonderheiten – eher Absonderlichkeiten – geäußert, jetzt gibt es etwas Brandneues, dessen Werbung mich beeindruckt. Da wird doch tatsächlich behauptet: Jetzt macht der Abwasch Spaß!

Niemals! Nicht mal den Heerscharen von Tellerspüler/innen in Villa Riba und Villa Bacho nehme ich ab, dass ihr Lächeln auf dem Fernsehbildschirm einen anderen Grund als die Filmgage hatte. Und jetzt soll das Spülen zu einer freudigen Angelegenheit werden, wenn dazu selbstgehäkelte Schwämme aus einer Neuerscheinung auf dem Wollmarkt verwendet werden. Liebe Leute, nicht mal das Häkeln farbenfroher Blümchen, Obst- und Gemüsestückchen, Blümchen, Sternchen und Wölkchen für diesen Zweck könnte mir jemals Spaß machen.

Also, neu ist die Idee ja nicht, Küchenhelfer im Do-it-your-self Verfahren herzzustellen. Bislang war die Ausführung überwiegend ökologisch Interessierten als Beitrag zu weniger Umweltverschmutzung vorbehalten. Man muss aber schon sehr, sehr engagiert sein, um sich freiwillig die Finger mit Paketgarn zu zerkratzen für beige-braune Topfkratzer als Alternative zu ihren billigen Plastik-Kollegen oder schnell rostenden Drahtschwämmen .

Weniger engagiert, und gar nicht umweltbewusst muss man sein, um aus der Neuerscheinung auf dem Wollmarkt, Spülschwämme zu häkeln oder zu stricken. Im Dienste der Wahrheitsfindung habe ich den Selbstversuch gestartet und für 1,95 Ocken 50 Gramm in Knallrot gekauft. Wenn also das Spülwasser völlig verdreckt ist, brauche ich nicht im Trüben zu fischen, um meinen Spülschwamm zu finden. Die Banderole verrät mir zwar das Gewicht, nicht aber die Lauflänge. Vielleicht spekuliert der Hersteller, dass ich dann vorsichtshalber ein Knäuel zusätzlich kaufe. Ätschbätsch: Nö!

Ebenfalls verrät mir die Banderole, dass es sich um ein Produkt aus 100 Prozent Polyester handelt. Kann man auch selber drauf kommen, wenn man sich das Garn mal unter die Nase hält und daran riecht. Die Innovation dieses Produkts jedenfalls besteht darin, dass in ein dünnes Polyestergarn winzige, abstehende Stücke eines glänzenden Plastikfädchens eingearbeitet sind. Sie sind nicht sehr viel größer als die Plastik-Partikel, vor denen Meeresbiologen eindringlich warnen, weil sie Flora und Fauna in den Gewässern zerstören. Soviel Optimismus, zu hoffen, dass beim Gebrauch des selbstfabrizierten Spülschwammes diese Plastikteilchen, die sich mit der Zeit ablösen können, im hiesigen Klärwerk rückstandslos herausgefiltert werden, habe ich leider nicht. Und dass es die Fische und Pflanzen, die daran zugrunde gehen, tröstet, dass die Teilchen knallrot sind, bezweifle ich ganz stark.

Aschwammwollelso habe ich – eben, weil es der Wahrheitsfindung dient (und ich diesen Blog gerne bebildern wollte) – nur ein paar Reihen mit dem so genannten Schwammgarn gehäkelt. Irgendwo las ich, dass es schön weich sei und nicht an den Fingern reibe. Das mag für Handwerkerhände, die ständig mit hartem Material umgehen müssen, vielleicht zutreffen. Ich Mimöschen fand es jetzt nicht wirklich kuschelig, aber gut möglich, dass Paketgarn doch viel schlimmer ist. Eine „Geld zurück Garantie“ hätte ich mir übrigens gewünscht, als der Fadenanfang auch durch intensivste Suche nicht zu ermitteln war, und erst der beherzte Griff zur Schere einen Maschenanschlag ermöglichte.

Jedenfalls habe ich die wenigen Reihen wieder aufgeribbelt und werde das Garn verschenken. Ich suche noch jemandem mit Interesse an einer knallroten, stacheligen Klopapierrollen-Hülle für die Ablage unter dem Auto-Heckfenster.

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