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Portion Senf dazu?

Die Bücherei St. Lamberti bloggt

Schlagwort

Umweltbewusstsein

Das Ding mit der Umwelt

Verdreckte Strände, Fische mit Plastik im Bauch, stinkende und giftige Rauchwolken über gigantischen Müllkippen und gleichzeitig ein gedankenloser Umgang mit Rohstoffen, wachsender Verbrauch von Kunststoff und die Jagd nach dem neuesten Smartphone, dem größten Auto und dem exotischsten Urlaubsziel. Ja, obwohl die Umweltprobleme bekannt sind und immer wieder thematisiert werden, lebt der größte Teil der Menschheit auf diesem Planeten, als ob es kein Morgen gäbe, als ob wir diese Erde von unseren Kindern und Enkeln nicht geborgt hätten.

Ihr merkt, ich bin nicht nur oft ungeduldige Alt-Emanze, sondern auch bekennende Öko-Tussi, zugegeben, nicht immer so praktizierend, wie möglich und nötig. Umso mehr begeistern mich Projekte, die es einfach machen, Ressourcen zu schonen, indem Dinge weitergegeben statt weggeworfen werden.

Bestes Beispiel sind die Tafeln, allerdings nur, wenn es um die Umwelt, nicht wenn es um gesellschaftliche Teilhabe geht. Der ursprüngliche Gedanke, Lebensmittel, die (von in der Regel zu anspruchsvollen Kund/innen) nicht mehr gekauft werden, aber noch völlig in Ordnung sind, werden weitergegeben, statt weggeschmissen. Dass diese Einrichtungen Bestandteil der Sozialpolitik geworden sind, war sicher nicht im Sinne der Erfinder und muss dringen geändert werden. Aber dass Lebensmittel gegessen statt – bestenfalls – kompostiert werden, sollte viel häufiger vorkommen. Aber Containern ist in Deutschland bekanntlich ein Straftatbestand. Dabei ist es ein Grund für Fassungslosigkeit, wenn man mal sieht, welche hochwertigen Lebensmittel in welchen Mengen Leute aus Containern der Lebensmittelläden holen. Es gibt Leute, die nahezu ihren ganzen Bedarf aus Containern decken und sich damit gesund und ausgewogen ernähren. Natürlich muss da mal ein Salatblatt mehr abgemacht und ein Stück Gemüse mehr abgeschnitten werden. Aber der schweineteure Bio-Frischkäse, dessen MHD erst in einer Woche abläuft, macht das wieder wett. Ich habe jüngst miterlebt, wie 30 bis 50 erwachsene Menschen ein ganzes Wochenende mit Brot aus Containern bestens versorgt waren. Und die Geschichte von dem kompletten Käserad, das völlig unversehrt aus der Abfall-Tonne „gerettet“ werden konnte, kann ich nicht oft genug erzählen – mit einem Unterton gemischt aus Erstaunen und Entsetzen. Der einzige Makel dieses Käses war nämlich das fehlende Etikett, so dass das Nichtvorhandsein von Zutatenliste und Minderhaltbarkeitsdatum den Verkauf unmöglich machten. Ich setz mich jetzt mal kurz auf die Finger, bevor ich mit sehr harschen Worten beschreibe, was ich davon halte.

Aber nicht nur bei Lebensmitteln ist ein umweltschonender Umgang mit Ressourcen ohne großen Aufwand möglich. Beipiel ein kleines Dorf mit gerade mal 1 500 Einwohnern in einem benachbarten Bundesland. An der Hauptverkehrsstraße fällt ein handgemaltes Schild „Umsonstladen“ an einem hölzernen Gartenhäuschen auf. Darin Kleidungsstücke von der Daunenjacke bis zum Babystrampler, Gläser, Geschirr, jede Menge Bücher und Dekokram unterschiedlichster Geschmackssicherheit. Lange bleibt dieses Inventar dort nicht, wer etwas braucht, nimmt es mit. Und wer etwas zu Hause hat, was nicht mehr gebraucht wird, stellt es dort zur Mitnahme bereit. Das Ganze funktioniert so gut, dass inzwischen auch aus den Nachbargemeinden der Umsonstladen gut frequentiert wird. Und alle haben etwas davon: Die Einen haben Geld gespart, die anderen wieder Platz im Schrank und die Umwelt wird weder durch Entsorgung noch durch Neu-Produktion belastet.

Und mal Hand aufs Herz: Wenn Ihr eine Bestandsaufnahme machen würdet, wieviel überflüssiger, selten oder nie genutzter Kram aus Schränken, Keller oder vom Dachboden käme zusammen? Ich trau mich, die Wette anzubieten, dass ich die meisten von Euch übertreffe, nicht nur beim Bestand von Woll- und Stoffresten. Gute Gelegenheit für eine Entrümpelung waren bislang immer Umzüge, bei denen die Altkleidersäcke, Kisten fürs Sozialkaufhaus und Mülltüten schneller randvoll waren als die Umzugskartons. Und dabei jedes Mal wieder großes Erstaunen darüber, wieviel Kram ich mir seit dem letzten Umzug angeschafft habe. Obwohl ich weder sonderlich Mode begeistert bin, noch eine Vorliebe für ständig wechselnden Dekokram habe und erst recht kein ausgeprägtes Interesse am neuesten Technik-Schnickschnack habe. Vom Budget für solche Dinge mal ganz zu schweigen.

Dennoch kommt im Laufe der Zeit so Einiges zusammen, darunter auch ein nicht unbeträchtlicher Anteil an Fehlanschaffung, der mich ziemlich ärgert. Nicht zuletzt, weil dadurch deutlich wird, dass ich in Sachen Umweltbewusstsein theoretisch oft besser bin als praktisch. Der eine Teil wurde im wahrsten Sinne für die Tonne gekauft (und steht oder hängt trotzdem noch im Schrank rum), der andere ist so selten in Gebrauch, dass Weihnachten eben doch öfter ist, und ein kleinerer und umso ärgerlicher Teil hat den Praxistest gar nicht erst überstanden.

Vor dem ein oder anderen Fehlkauf bewahrt mich hoffentlich in Zukunft das neueste Projekt der schönsten Bücherei meines Wohnortes, in der es jetzt Dinge auszuleihen gibt, die im „normalen“ Büchereibestand einen Exoten-Status verdienen, wie beispielsweise Backformen, Musikinstrumente, oder PC-Zubehör. Sie sind für zwei Wochen ausleihbar und helfen entweder bei der Entscheidung über die Notwendigkeit eines Kaufes oder sind nur für einen begrenzten Einsatz nötig. Okay, die Gefahr, dass ich überlege, mir eine Slackline anzuschaffen, ist relativ gering, denn ich habe mich daran schon mal versucht – muss ich erwähnen, dass ich gescheitert bin? Aber wer mit dem Gedanken daran spielt, kann jetzt erst einmal ausprobieren, ob das nicht vielleicht doch eine zu wackelige Angelegenheit ist. Warum soll man sich eine Nähmaschine anschaffen, wenn man nicht regelmäßig nähen, sondern nur ab und zu mal etwas flicken will? Und die Backform für die Kindergeburtstags-Einhorn-Torte ist auch eher selten über Jahre hinweg regelmäßig im Einsatz.

Ich finde das Projekt klasse, vielversprechend und ausbaufähig, denn es weckt Interesse an Neuem, spart dabei Geld und schont die Umwelt. Jetzt fehlt mir nur noch ein Umsonst-Laden hier, vielleicht neben dem offenen Bücherregal.

Kassette und Bleistift
Ach ja, der Zusammenhang zwischen diesen beiden Gegenständen und wie deren gemeinsamer Einsatz dauerhaft vermieden werden kann, erklärt sich bei einem Besuch in der  neuen „Bibliothek der Dinge“ entweder direkt in der Bücherei oder im Netz bei der OPAC-Mediensuche.

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Schlimmer geht immer

Papier

Upcycling ist der aktuelle DIY-Trend. Wer weiß, was ich von Anglizismen  halte, bekommt gerade auch eine ungefähre Vorstellung davon, was ich von dieser Art von Verschlimmbesserung halte. Wohlgemerkt, ich rede von Upcycling am Esszimmertisch wobei nach detaillierter Anleitung unnütze Dinge hergestellt werden, bei deren Anblick vom Betrachter erwartet wird, sie über den grünen Klee zu loben. Es geht also nicht um alte Autoreifen, die als Schuhsohlen oder Feuerwehr-Schläuche und LKW-Planen die als Taschen auf dem Konsum-Gnadenhof noch ein paar schöne Jahre verbringen.

Nein, es geht eben um einen Zeitvertreib, der gerne von einschlägigen Zeitschriften als der ultimative Trend zur Steigerung des Wohlbefindens ausgerufen wird, der jede Wohnung zu einem wahren Schmuckkästen an Kreativität und Umweltbewusstsein macht. Falls hier jemand Spuren von Ironie entdeckt, ist das beabsichtigt. Denn mal ehrlich: Wer, außer denjenigen die kleine Kinder an regnerischen Nachmittagen beschäftigen müssen, kommt denn auf die Idee, Klopapierrollen aneinander zu kleben, alte Joghurt-Bescher zu bemalen und Pappschachteln mit Plastik-Glitzersteinchen zu bekleben? Mir fallen da überwiegend Mitarbeiter/innen der oben erwähnten Zeitschriften und Verfasser/innen von Ratgebern und youtube-Filmchen ein.

Sie alle sorgen unermüdlich für immer neue Trends, also in erster Linie für ihre Bankkonten. Egal was am Ende dabei rauskommt, wenn man ihre Anleitungen stundenlang, mit einer oft gar nicht mal so preisgünstiger Ausstattung an Werkzeug und Hilfsmitteln nacharbeitet. Selbstverständlich verfügt auch die beste Bücherei meines Wohnortes über eine ebenso umfang- wie abwechslungsreiche Sammlung von Anleitungsbüchern, die den unterschiedlichsten Ansprüchen gerecht werden. Manchmal auch ziemlich niedrigen. Aber in der Regel finden sich zwischen den vielen Vorschlägen auch immer mal wieder welche, die interessant (im positiven Sinne) wirken. Nicht nur bei den von mir bevorzugten Handarbeitsbüchern.

Fragwürdig finde ich allerdings, wenn ansehnliche und geschmackvolle Dinge durch Upcycling grottenhässlich werden. Naturholz beispielsweise wird durch schweinchenrosa oder schwimmbadkachelblaue Farbe in der Regel nicht schöner. Und selbst wenn die Papierservietten, mit denen man Möbelstücke bekleben soll, ein nettes Blümchenmuster haben, rettet das Omas alten Couchtisch nicht unbedingt davor, nach zeitintensiver Bearbeitung wieder auf dem Dachboden zu verschwinden.

Bei sehr vielen Gegenständen, die als Upcycling-Objekt infrage kommen könnten, ist übrigens die Überlegung angebracht, warum wurden sie überhaupt gekauft? Tut man der Umwelt manchmal nicht einen größeren Gefallen damit, sein eigenes Konsumverhalten mal zu überdenken, statt sein Gewissen damit beruhigen zu wollen, etwas, was man wegwerfen möchte durch Upcycling so hässlich zu machen, dass man es wegwerfen muss?

Und dann gibt es noch die trendigen Upcycling-DIY-Tipps, bei denen es wohl nur ums Zeit totschlagen geht, und die man bestenfalls jemandem empfehlen möchte, der seine Finger anders beschäftigen will, als mit dem Festhalten von Zigaretten. Oder kommt sonst jemand ernsthaft auf die Idee, alte Zeitungen in feine Streifen zu schneiden, die zusammengefaltet zu Kreisen geformt und mit Kabelbindern fixiert als Wandschmuck dienen sollen? Oder alte Zeitungen sorgfältig zusammenzufalten, so dass sie als „Pompons“ bezeichnet am bunten Faden von der Decke baumeln?

Ja, manchmal bin ich altmodisch. Ich finde nämlich, dass man in alten Zeitungen am besten Fisch vom Marktstand nach Hause tragen kann, oder Kartoffelschalen zur Biotonne.

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