Lesen bildet, aber wem sag, vielmehr schreib ich das, wenn ihr ja ohnehin schon auf der Seite einer Bücherei landet, für deren Mitarbeiter/innen es nicht nur Aufgabe, sondern auch Herzensangelegenheit ist, fürs Lesen zu begeistern indem sie helfen, sich in der Vielfalt von Unterhaltung und Informationen zurechtzufinden. Es gibt wohl kaum ein Thema, zu dem kein Sachbuch auf dem Markt ist, mal mehr oder weniger gelungen, meistens aber gut gemacht und gut geschrieben mit überraschenden Fakten und hilfreichen Tipps und Anleitungen.
Und so gibt es in meiner Lieblingsbücherei auch sehr gute Lektüre zu einem Thema, das engagierte Frauen seit Jahren aus der Tabuzone herausholen, um immer wieder mit einer Mischung von Enttäuschung und Entsetzen feststellen zu müssen, dass es gerade diejenigen sind, die selber niemals eigene Erfahrungen damit haben können, dieses Thema wieder in die „ pssssssssst „“-Ecke zurückdrängen wollen. Dabei geht es um etwas ganz Naturgegebenes, von dem nahezu alle Frauen etwa vier Jahrzehnte ihres Lebens betroffen sind, die Menstruation.
Ja, Frauen bluten, so durchschnittlich alle vier Wochen, drei bis fünf Tage, zu jeder Tages- und Nachtzeit und an jedem Ort, also im Büro, auf dem Sofa, im Bus oder beim Spazierengehen. Wie alle anderen Körperausscheidungen auch, kann und soll auch diese nicht einfach öffentlich vor sich hintröpfeln. Während viele Männer mal so gar kein Problem damit haben, auf dem Heinweg von der Kneipe in fremde Vorgärten zu pissen, oder sich am hellen Tag dabei hinter einem Laternenpfahl „verstecken“, geben europäische Frauen jährlich um die 500 Euro aus, um ihr Menstruationsblut vor den Blicken anderer Menschen verbergen und vor allem entsorgen zu können. Mit diesem Geld kaufen sie oft Produkte, die mit dem Schlagwort „Diskretion“ werben, nicht unbedingt aus gesundheitlich unbedenklichen Stoffen hergestellt und im schlimmsten Fall sogar parfümiert sind. Eine Menge Geld, bei dem anders als z. B. beim Schuhkauf oder Friseurbesuch nicht darüber gesprochen wird, wofür es ausgegeben wurde.
Ein unbefangener Umgang mit Menstruation, Menstruationsblut und allen möglichen damit verbundenen Unannehmlichkeiten sieht anders aus. Nicht zuletzt, weil auch im 21. Jahrhundert Unsicherheit und leider auch immer noch Unwissenheit eine Rolle spielen.

Und hier kommen Bücher ins Spiel, Bücher, wie sie auch in meiner Lieblingsbücherei zur Ausleihe bereit stehen. Und das ist jetzt keine brandneue Information schon vor über vier Jahren habe ich an dieser Stelle über „Ja, ich habe meine Tage! So what“ von Clara Henry geschrieben und es allen Frauen, vor allem jungen und ihren Müttern empfohlen.
Inzwischen verdient Vater Staat weniger am Verkauf von Tampons und Binden, gibt es dazu immer mehr, auch umweltfreundlichere Alternativen, und vor allem auch selbstbewusste Frauen, die über Menstruation nicht mehr mit hochrotem Kopf flüstern, sondern ganz gelassen sprechen. Und es gibt Männer, die sich ernsthaft als Frauenversteher begreifen, aber sich besser in der Bücherei mal Fachlektüre besorgen sollten, bevor sie verkünden „Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, eine Lösung zu finden, die allen Frauen das Leben während der Periode erleichtert, ein sicheres Gefühl gibt und gleichzeitig ansprechend und stylisch ist.“ (Quelle: Basic thinking – Online Magazin)
Wer jetzt glaubt, die Jungs hätten einen selbstwechselnden Tampon mit Karomuster auf den Markt gebracht, irrt gewaltig. Nein sie wollen mit als Abfallbeutel zu verwendendem Plastikmüll in Handschuhform und der alles andere als stylischen Farbe Pink reich werden. Und damit schämen sie sich nicht mal öffentlich Werbung in einer Fernsehshow zu machen. Den darauf folgenden Shitstorm haben sie sich ebenso redlich verdient, wie ihr künftiger Geldgeber.
Auf ihre grandiose Idee sind die beiden Blitzbirnen gekommen, weil in ihren WG-Zeiten Mitbewohnerinnen in Klopapier gewickelte Tampons im Badezimmer-Mülleimer entsorgt hatten (wo bitte den sonst?), was die “Erfinder“, Zitat: „ziemlich unangenehm“ fanden. Nicht unangenehm genug, den Müll mal nach unten zu bringen, um das ihren Mitbewohnerinnen abzunehmen, die möglicherweise zur selben Zeit ihre Unterleibskrämpfe „ziemlich unangenehm“ fanden.
Nein, sie entwarfen ein wohl nur in ihren Augen stylisches Produkt, weil sie es Frauen ersparen wollen, bei der Entfernung des Tampons aus der Scheide mit ihrem eigenen Körper in direkten Kontakt zu kommen, und sich, oh Graus, möglicherweise die Finger blutig zu machen (was beim Einführen des neuen Tampons dann kaum vermeidbar ist). Um den gebrauchten Tampon herumgestülpt und mit einem Klebeband verschlossen, wandert der Handschuh, der ganz stylisch „Glove“ genannt wird, im Mülleimer, später auf riesigen Müllbergen und mit Pech irgendwann in kleinsten Teilen in den Weltmeeren. Dann können wenigsten Fische und andere Lebewesen sich am stylischen Pink erfreuen. Die potentielle Zielgruppe könnte allerdings darauf verzichten, diese Dinger zu kaufen, die acht mal teurer sind, als ihre farblosen Konkurrenzprodukte ohne Klebeestreifen, und sich stattdessen mit diesem Gedanken anfreunden:
