Suche

Portion Senf dazu?

Die Bücherei St. Lamberti bloggt

Schlagwort

Kinder

Nicht in die Maske kotzen

Kennt ihr das, dass ihr etwas derart abstoßend findet, dass euch buchstäblich die Galle hochkommt und der Mageninhalt gleich hinterher? Mir geht das regelmäßig so, wenn ich in den Medien Bildern von Menschen sehen, die ohne Masken dichtgedrängt vor einer Bühne stehen, auf der irgendjemand von Liebe und Erleuchtung schwafelt. Und das vor einem Publikum in dem Menschen stehen, die es für eine gute Idee halten, ihren Ellbogen mit einem Symbol zu schmücken, das für Tod und Gewalt steht, zu deren Lieblingsbeschäftigungen es gehört wahlweise Ausländer, PoC, oder Menschen, die sie als „linke Zecken“ oder „Schwuchteln“ identifizieren, zu bedrohen und anzugreifen.

Wer quer- statt mitdenkt, kommt augenscheinlich nicht auf die Idee, dass Liebe ganz viel mit Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft und Schutz anderer vor Gefahren zu tun hat. Aber, was weiß ich Schlafschaf (wenn Leute, die ganz bestimmt den tiefen Teller nicht erfunden haben, mich so bezeichnen, kommt das schon fast einem Kompliment gleich) denn schon, wenn ich als medizinische Laiin den Aussagen von gut ausgebildeten, erfahrenen und weltweit anerkannten Fachleuten mehr Vertrauen schenke als den Absolvent/innen der Youtube- oder Telegram-Klötzchenschule.

Wie muss jemand gestrickt sein, der seine Bildungsferne dadurch unter Beweis stellt, dass er keinen einzigen seiner drei bis fünf Wort Sätze fehlerfrei aus der Tastatur kriegt, für den Interpunktion entweder ein völlig unbekanntes Fremdwort oder eine Mengenbezeichnung ist, wenn sie/er behauptet, eine überaus komplexes Geschehen wie eine Pandemie besser beurteilen zu können, als ausgewiesene Expert/innen? Ich denke, mit ganz vielen Fallmaschen und Knoten im Garn.

Die im Zuge der Anti-Corona-Überzeugungsarbeit (spannende Frage, wie und in welcher Sprache lässt sich ein Virus überzeugen?), plötzlich aus irgendwelchen dunklen Ecken aufgetauchten Verschwörungs-Gläubigen vom Schlage Qanon und Co sind mir keine Zeile wert, außer dass ich ihnen Erfolg bei der notwendigen psychologischen/psychiatrischen Behandlung wünsche.

Aber diejenigen, die für ihre asozialen Zwecke Kinder instrumentalisieren, machen mich wütend. Richtig, richtig wütend. Welche „Erleuchtung“ hat denn jemand erfahren, der in die Kamera schluchzend die nachgewiesen falsche Behauptung verbreitet, es seien mehrere Kinder wegen des Tragens von Masken verstorben? Mir tun dessen Kolleg/innen leid, die nach solchen verlogenen und unwürdigen Auftritten damit zu kämpfen haben, dass Schwindel-Arzt eine ziemlich zweideutige Berufsbezeichnung sein kann.

Wie menschlich verdorben muss man sein, vor Schulen auf Kinder zu warten zu wollen um sie davon zu überzeugen, dass der im Amtsdeutsch „textile Mund-und Nasenbedeckungen“ genannte Schutz nutzloses, aber gefährliches Teufelszeug ist, und vor 1 000 Schulen grobmaschige oder mit entsprechenden dummen Parolen bedruckte Masken an sie zu verteilen? Extra Schmankerl für besonders verunsicherte und verängstigte Kinder: eine voraussichtlich nicht fachmännisch ausgeführte und neutral bewertete CO2-Messung ihrer Atemluft unter der Maske. Dass das Ganze ausgerechnet am 9. November stattfinden soll, halte ich unter meinem so schiefgewickelten, dass gar nicht vorhandenem Aluhut ganz bestimmt nicht für einen Zufall.

Jedenfalls hoffe ich sehr, dass Eltern, deren Kindern von solchen ***(Selbstzensur) belästigt werden, ihren Nachwuchs schützen durch ein lautes „Sie Schwein, fassen Sie mein Kind nicht an.“ und einen ebenfalls unüberhörbaren Anruf bei der Polizei mit dem Hinweis, dass fremde Männer vor der Schule den Kindern auflauern.

Bei solchen und anderen perfiden Aktionen mit denen ganz bewusst die Gesundheit von zahllosen Unbeteiligten aufs Spiel gesetzt wird, könnte ich kotzen. Im Strahl. Bestimmten Leuten direkt vor die Füße. Aber nicht in die Maske!

fl



Die Maske ist eine „Leihgabe“ vom Onlineshop des Bestattungsmuseums Wien

Ministerielle Milchmädchen-Algorithmen

Wer Blogs liest, dafür verantwortlich ist und/oder darin schreibt, guckt natürlich auch immer mal über den Tellerrand, beziehungsweise das Bildschirmfenster, um auf dem Laufenden zu bleiben, was Andere anders machen, was besser (um zu lernen) und was schlechter (auch daraus kann man lernen, wenn die Schadenfreude überwunden ist). Da ist auch der Chef der schönsten Bücherei im Ort ganz emsig und lässt mich gerne an seinen Fundstücken teilhaben. So kam ich auf den Landlebenblog und dessen Milchmädchen-Beitrag, dem ich auf der Skala von Eins bis Zehn gerne zehn Punkte gebe. Darin geht es um die Äußerung der Bildungsministerin Anja Karliczek zum Ausbau des Mobilfunknetzes. Falls jemand sich den Namen der Frau merken möchte: am besten aufschreiben und abheften, denn allzu oft liest man ihn in den Medien nicht, selbst dann nicht, wenn man, wie ich, im selben Landkreis wie sie lebt.

Als man vor einiger Zeit schon mal über sie las, ging es übrigens darum, dass diese Frau, als sie schon dem Ministerium für Bildung und Forschung vorstand, sich darüber freute, dass die Fernsehprogramm-Beilage ihrer Tageszeitung ihr endlich mal den Begriff „Algorithmen“ leicht verständlich erklärte. Nach ihren jüngsten Äußerungen bin ich ganz bei der Landleben-Bloggerin und denke, dass Frau Karliczek sich selbst und der Öffentlichkeit einen großen Gefallen getan hätte, wenn sie sich auf die Zunge gebissen hätte, statt zu behaupten „5G ist nicht an jeder Milchkanne notwendig“.

Auf die Zunge und gleichzeitig auf die Lippen hätte sich die Ministeriums-Chefin aber auch beißen sollen, statt sich über die inzwischen über ein Jahr alte Änderung des Ehegesetzes äußern und zu behaupten „Wir verschieben eine ganze Gesellschaft und reden gar nicht richtig darüber.“ Schade, wenn eine 47jährige Frau im Jahr 2018 so verklemmt ist, dass sie nicht in der Lage ist, „richtig“ über Sexualität zu reden. Dann würde sie vielleicht sogar auf den Gedanken kommen, dass z.B. diskriminierende Tittenwerbung oder sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz wirkliche Probleme sind, und nicht die Eheschließung von Männern mit Männern und Frauen mit Frauen.

Vielleicht hätte sie sich von fachkundiger Seite mal aufklären lassen sollen. Auch über ihre Aufgabe als Bildungsministerin, wenn sie eine Langzeitstudie über die Auswirkungen auf Kinder fordert, die mit gleichgeschlechtlichen Eltern aufwachsen. Die ministerielle Verwaltung und Förderung von Bildung und Forschung in der Bundesrepublik Deutschland bedeutet nämlich nicht, so lange Daten zu erfragen, zu sammeln und einzuordnen bis der Chefin des Hauses die Ergebnisse gefallen. Da darf es reichen, die bereits vorliegenden Studien zur Kenntnis zu nehmen, und wenn man sich bei dem Thema wirklich Mühe geben will, sie auch mal zu lesen.

Aber erst Recht bedeutet Ministerin zu sein und in dem Amt gute Arbeit vorzuweisen nicht, sich bei einer Partei anzubiedern, deren vorgestrigen Ansprüche an das Familienbild nicht mal das Führungspersonal erfüllt. Sonst wäre die Option, im erlernten Beruf dafür zu sorgen, dass Hotelgäste Milchkännchen zum Kaffee serviert kriegen, vielleicht die bessere.

fl

Riham und Osama schreiben

Regelmäßige Leser/innen unsere Blogs erinnern sich vielleicht noch an meine Freundin Riham, ehemalige Praktikantin in unserer Bücherei und sehr engagiert für ein harmonisches Miteinander von Menschen mit verschiedener Herkunft, Tradition, Kultur und Glauben. Riham absolviert zur Zeit ein Praktikum bei der UNICEF in Köln und hat für deren Homepage ihren ersten Blogbeitrag auf Deutsch geschrieben (Chapeau, meine Liebe). Anlass war ein Brief, den der 10jährige Osama, der wie seine Familie zu den regelmäßigen Bücherei-Besuchern gehört, zu einem für die Welt sehr beschämenden Datum geschrieben hat: dem siebten Jahrestag des Kriegsausbruchs in seiner Heimat Syrien.

Ein Artikel, der unter die Haut geht, und der angesichts der aktuellen Diskussionen eine große Leserschaft verdient hat (also gerne auch weiterleiten und verlinken). Aber lest selbst:

Körperteile von Kindern unter Ruinen

fl

Bau(tsch)spaß

Lego

Über Freud und Leid des Eltern-Daseins können bekanntlich nur die fachkundig mitreden, die in tiefer Nacht im dunklen Kinderzimmer schon mal auf einen Legostein getreten sind. Der Zustand des Halbschlafes ist in Rekordzeit beendet. Danach, aber auch, wenn es mal wieder verdächtig im Staubsauger klappert, stellt sich die Frage, ob Lego Fluch oder Segen ist. Und die Antwort lautet, wie so oft: Kommt drauf an.

Fluch ist es sicher, wenn Eltern ihren Nachwuchs zu künftigen Star-Architekten erziehen wollen, nur weil das erste Lego-Haus nicht zu windschief geraten ist. Ein Segen dann, wenn der Nachwuchs stundenlang ohne Lärm zu erzeugen konzentriert seine motorischen Fähigkeiten phantasievoll verbessert. Wobei die Sache mit der Phantasie im Laufe der Jahre irgendwie anders gewichtet wird, als zu meiner Kindheit.

Mein älterer Bruder war begeisterter Lego-Konstrukteur, so dass ein beträchtlicher Bestand an Bausteinen bereits zur Grundausstattung des Kinderzimmers gehörte, als ich in das passende Alter kam. Aber der Begriff Grundausstattung passte auch zur Auswahl der vorhandenen Steine. Viel mehr als gerade Wände und schräge Dächer waren damit kaum zu bauen, durchsichtige Fenstersteine waren noch etwas Besonderes und entsprechend eher spärlich verfügbar. Phantasie war besonders dann gefragt, wenn der passende Eckstein für den Dachfirst trotz intensiver Wühlerei in der Lego-Kiste nicht auffindbar war. Er kam oft erst in irgendeiner Ecke des Spielzeugregals zutage, wenn das Haus längst wieder in seine Einzelteile zerlegt war.

Dass ein paar Jahrzehnte später die Palette an Legosteinen auf über 75 000 verschiedene Exemplare in allen nur erdenklichen Farben angewachsen war, hätten wir uns nicht träumen lassen. Ebenso wenig, dass es einmal Baukästen geben würde, mit 4 287 Einzelteilen, die zur London Tower Bridge zusammengebaut werden können. Von Ritterburgen oder gar Raumschiffen ganz zu schweigen. Ich frage mich da oft, ob es nicht eher die Eltern als die Kinder sind, die ihren Spaß daran haben, Bauanleitungen akribisch umzusetzen. Und wie lange muss so ein Meisterwerk wohl irgendwelche Regale zieren, bis man es übers Herz bringt, das Ergebnis vieler, vieler Stunden wieder in seine Einzelteile zu zerlegen?

Einfach mal nach Herzenslust zu planen und loszubauen scheint irgendwie aus der Mode gekommen zu sein, und dabei ist es genau das, was vielen Kindern Spaß macht. Den Beweis dafür werden das Puppen- und Spielzeugmuseum und die Bücherei St. Lamberti antreten, wenn sie im Dezember an zwei Samstagen zum „Lego-Bauspaß“ einladen. Am 2. Und 16. Dezember, jeweils von 10 bis 13 Uhr können Jungen und Mädchen eine Stadt und eine Eisenbahn entstehen lassen. Bis Anfang Januar sind die Bauwerke dann im Bücherei-Forum zu besichtigen, und ich bin sicher, dass so manche/r Betrachter/in sich dann in die eigene Kinderzeit zurückversetzt fühlen wird.

fl

Der Sandmann im Medizinschrank

sandmann-1

„Superkalifragilistischexpialigetisch“ war das Erste, was mir durch den Kopf schoss, als ich die wirklich beunruhigende Nachricht las, die kürzlich durch nahezu alle Medien ging, dass immer mehr Eltern ihre Kinder abends mit Schlafmitteln ruhigstellen. Keine Sorge, ich habe keinerlei Ambitionen, einen Abklatsch von Mary Poppins zu werden. Wer mich jemals gesehen haben, den befällt bei der Vorstellung, wie ich, statt an einem riesigen Ballon, an einem Regenschirm schweben könnte, ein haltloses Kichern. Stichwort: Patsch!

Aber ich würde vielen Eltern die heitere Gelassenheit einer Mary Poppins gönnen, im Umgang mit Kindern, die nicht den viel beschwärmten (und selten realen) Ideal von besonders „pflegeleichten“ Kindern entsprechen, die nach den Schilderungen stolzer Eltern auch meistens ihrem „Alter weit voraus“ sind.

Seiten: 1 2

Erstelle kostenlos eine Website oder ein Blog auf WordPress.com.

Nach oben ↑