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Portion Senf dazu?

Die Bücherei St. Lamberti bloggt

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Bücherei

Urlaubskasse Bücherei

Es sind zwischen vier und fünf Medien, die sich rein rechnerisch jede/r Nutzer/in der für mich schönsten Bücherei der Region jeden Monat für ein paar Wochen zu sich nach Hause holen. Es braucht keine hellseherischen Fähigkeiten um zu wissen, dass beim Lesen dieser Zeilen die eine oder der andere treue Besucher/in im heimischen Wohnzimmer gerade müde lächelt mit Blick auf fünf Gesellschaftsspiele, sechs DVDs, acht Bilderbücher, vier Romane, fünf Hörbücher und sieben Bibi-und Tina CDs aus dem Bücherei-Bestand. Ja auch für mich ist es schwer vorstellbar, dass man die Bücherei nur alle paar Monate mal aufsucht und dann mit zwei oder Medien nach Hause geht. Aber eines haben sie gemeinsam, die Viel- und die Selten-Nutzer/innen, sie haben dank der Bücherei ordentlich Geld gespart.

Hätte die Familie im oben angeführten Beispiel die 35 Medien nicht ausgeliehen, sondern gekauft, wären laut diesem Rechner 443,10 Euro fällig gewesen. Wenn sie sich einmal im Monat in ähnlichem Umfang versorgt, spart unsere Muster-Familie also locker einen Jahresurlaub. Auch dann noch, wenn man die Gebühr berücksichtig, mit der die Büchereikarte jedes Jahr zu Buche schlägt. Und selbst unser/e statistische Durchschnitts-User/in mit nur vier bis fünf Medien pro Monat müsste aufs Jahr gerechnet etwa 900 Euro ausgeben, wenn sie/er die Bücher, Filme, Konsolenspiele usw. nicht ausleihen könnte, sondern kaufen müsste.

Ein ordentlicher Batzen Kohle, der auch für die eine oder andere Enttäuschung sorgen kann. Es ist wohl uns allen schon passiert, dass wir uns ein Buch angeschafft haben, das im Freundeskreis wärmstens empfohlen wurde, die Bestseller-Listen gestürmt oder hervorragende Kritiken bekommen hat, und das wir auch auf Seite 123 immer noch wahlweise gähnend langweilig, nichts sagend, verworren finden. Bei mir ist zum Beispiel Schluss, wenn die Zahl der Haupt(!)figuren eines Romans im mittleren zweistelligen Bereich angesiedelt ist. Und wer noch nie enttäuscht war, weil die hohen Erwartungen an ein neues Buch nicht erfüllt wurden, weil es nicht vielmehr beinhaltete als die ebenso stilistisch fragwürdige, wie grundlose Selbstbeweihräucherung der Autorin oder des Autors, hat entweder großes Glück gehabt oder noch nicht allzu viele Bücher gelesen.

Natürlich kann mir das genauso gut mit einem Buch aus der Bücherei passieren, aber dann klappe ich es eben auf Seite 123 zu, nehme die nächste Ausleihe zur Hand und bringe den Fehlgriff bei nächster Gelegenheit wieder zurück. Bei einem gekauften Buch quäle ich mich durch weitere zwei- bis dreihundert Seiten, weil ich denke, dass ich die 28 Ocken doch irgendwie abarbeiten muss.

Ja, es gibt Menschen, die können sich nur schlecht mit dem Gedanken anfreunden, dass ihre Lektüre vielleicht schon mal in fremden Betten gelegen haben könnte. Ich bin das ziemlich schmerzfrei und mache mir beispielsweise auch keine Gedanken beim Klamottenkauf, wer sich die Hose schon mal übers Gesäß gezogen haben könnte, wenn ich damit in der Umkleidekabine stehe. Aber wer bei der Anschaffung von Büchern halt besonders empfindlich, oder vielleicht auch nur besonders faul ist, greift schon mal gerne auf den Online-Handel zurück.

Ob diese Leute sich klar machen, was ihnen so entgeht? Natürlich gibt es nette Post- und Paket-Bot/innen, aber die haben in der Regel nie soviel Zeit für ein gemütliches Schwätzchen, wie die Bekannten, die man zufällig in der Bücherei trifft. So sehr ich es schätze, wenn der Paketbote mir Sendungen unaufgefordert hinterher bringt, bin ich noch nie auf die Idee gekommen, mit ihm spontan einen Kaffee/Tee im Knitterfrei zu trinken. Und welche im  Akkord Pakete packenden Lager-Arbeiter/innen interessieren sich schon dafür, welche Lesefortschritte der Nachwuchs in jüngster Zeit gemacht hat und gibt Tipps für die altersgemäße Lektüre?

Ja, ab und zu kaufe ich mir auch Bücher, selbstverständlich im örtlichen Buchhandel. Aber in der Regel handelt es sich um Exemplare, dich ich zuvor in dem über 12 000 Exemplare umfassenden Buchbestand der Bücherei gefunden habe (die Bücherei hat mehr, aber Kinderbücher oder Fantasy-Lektüre beispielsweise interessieren mich nicht) oder von den Mitarbeiter/innen habe finden lassen. Und wenn ich dann auf welche gestoßen bin, die ich für so toll befunden habe, dass ich sie immer mal wieder lesen möchte – in zeitlichen Abständen natürlich, oder mir einzelne Kapitel und Passagen ins Gedächtnis rufen will, dann will ich die auch dauerhaft in Wohnzimmer-Regal stehen haben mit der Gewissheit, dass der Kauf für mich gut angelegtes Geld ist.

Natürlich ist die Bücherei-Nutzung jetzt nicht nur eine große Chance für den Kontostand gut betuchter Sparfüchse, sondern vor allem Gelegenheit für alle, die sich ihr Einkommen jeden Monat gut einteilen müssen, und noch mehr für diejenigen, für die nahezu jede Neuanschaffung unter die Kategorie Luxus fällt, sich ständig und regelmäßig mit Bildung und Unterhaltung einzudecken, ohne an anderer Stelle sparen zu müssen. Es sind wohl die meisten, die mit dem durch die Bücherei-Nutzung eingesparten Geld eher den Ersatz für die defekte Waschmaschine finanzieren, als eine Kreuzfahrt zu buchen. Aber sie können sich den Zugriff auf tausende Medien bedenkenlos leisten, um ihre Gedanken auf wunderschöne Reisen zu schicken.

fl

Der Erste nach über 160 Jahren

Mit ganzen 16 Büchern begann von über 160 Jahren die Geschichte der hiesigen Bücherei, in der es nicht nur mir Spaß macht (ehrenamtlich) zu arbeiten. Für deren Verwaltung reichte als Qualifikation Frömmigkeit und die Fähigkeit, handschriftliche Listen zu führen. Aktuell hat die schönste Bücherei im Städtchen über 40 000 Medien im Bestand, über 40 ehrenamtliche und drei hauptamtliche Mitarbeiter/innen und erstmals seit über eineinhalb Jahrhunderten einen Auszubildenden. Aber bestimmt keine handschriftlichen Listen mehr, um den Ausleibetrieb am Laufen zu halten.

Das, wie so vieles andere auch, ist nur noch mit Hilfe des Computers möglich, wobei die Katalogisierung der Medien nicht nur an unseren neuen Kollegen Phil auf seinem Weg hin zum Fachangestellten für Medien und Informationsdienste, Fachrichtung Bibliothek, besondere Anforderungen stellt. Kleine Kostprobe aus dem dazugehörigen Handbuch, das aktuell zwischen den hauptamtlichen Kolleg/innen kursiert:

Formalerschließung wird auch als Formalkatalogisierung, alphabetische Katalogisierung oder einfach nur als Katalogisierung bezeichnet. Sie ist eine zentrale bibliothekarische Dienstleistung: Ohne sie würde man sich im Bestand eine Bibliothek oder anderen Informationseinrichtung nicht zurechtfinden. Bei der Formalerschließung werden Ressourcen gemäß festgelegten Regeln nach äußerlichen, formalen Kriterien beschrieben und auffindbar gemacht.

Mit Ressourcen sind alle Arten von physischen und digitalen Objekten gemeint, die in Bibliotheken oder anderen Gedächtnis- und Informationseinrichtungen (z. B. Archiven, Museen, Dokumentationsstellen) als Sammlungsgegenstände vorkommen. Die Ressourcen müssen nicht zwangsläufig im physischen Besitz der jeweiligen Institution sein; es genügt, wenn diese den Zugang dazu vermitteln kann. Beispielsweise werden elektronische Zeitschriften, die eine Bibliothek lizensiert hat, häufig auf einem Server des Verlags vorgehalten.

Da fällt mir nur ein berühmtes Asterix-Zitat ein, das sich auf Römer bezieht, aber auch ganz gut auf Bibliothekar/innen zutrifft, die so etwas unter der Bezeichnung „Eine Einführung für deutschsprachige Anwender“ aufschreiben.

Für Phil sind solche Zeilen aber kein Grund, seine Berufswahl nochmal zu überdenken, versichert er, sondern sich zu freuen, dass er in einem Team arbeitet, in dem zumindest drei erfahrene Leute ihn tatkräftig unterstützen können und werden, bis auch der letzte Arbeitsschritt für Phil keine Theorie mehr bedeutet, sondern in der praktischen Arbeit flott von der Hand geht.

Überhaupt macht der 19jährige nach den ersten zweieinhalb Wochen seit Ausbildungsbeginn einen ganz zufriedenen Eindruck mit der Stelle, seinem täglich wechselnden Kolleg/innen-Kreis und einer Umgebung mit tausenden von Büchern, Zeitschriften und Spielen. Auch Phil gehört zu den Leseratten, deren Begeisterung für Gedrucktes schon im Kindesalter geweckt wurde, und ihn zu einem treuen Nutzer der Bücherei in seinem ostwestfälischen Heimatort werden ließ. Obwohl Phil dort ehrenamtlich bei Aktionen und Veranstaltungen mitgeholfen hat, stand ein Job in der Bücherei lange Zeit nicht auf der Liste der Wunschberufe. Warum, kann er sich auch nicht so richtig erklären:  „Irgendwie hab ich einfach nicht daran gedacht.“ Erst als Phil sich nach dem Abitur im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes mit unterschiedlichen Möglichkeiten der zielgerichteten Berufsfindung vertraut gemacht hatte, kam er auf die richtige Fährte und bewarb sich unter anderem bei der schönsten Bücherei im Städtchen für den ersten Ausbildungsplatz dort. Unter zwei Dutzend Beweber/innen wurde er ausgesucht, fand eine Wohnung hier und wurde von einer hauptamtlichen Kollegin unter die Fittiche genommen, die den IHK-Kurs für die Ausbildereignungsprüfung absolviert hatte.

Neben all dem Neuen, das die Ausbildung in der Bücherei und zweimal wöchentlich in der Berufsschule mit sich bringt, gab es auch noch die Herausforderung über hundert Kilometer weit entfernt von der Familie erstmals in eigenen vier Wänden zu leben und nach Feierabend einen eigenen Haushalt zu führen. Bis jetzt, so freut Phil sich, klappt das besser, als erwartet, er habe jedenfalls immer genug zu Essen und saubere Kleidung im Schrank.

Na, da stehen doch alle Zeichen auf Grün, und es ist Phil zu wünschen, dass das mindestens für die kommenden drei Jahre auch so bleibt, hoffentlich aber auch noch länger.

fl

Heitere Stimmung ist schon mal eine gute Voraussetzungen für die Zeiten, in denen die Fachlektüre praktisch umgesetzt werden muss.


Corona-Wettpinkeln

Besondere Zeiten bringen besondere Formate hervor, deshalb an dieser Stelle wieder ein offener Brief. Dieses Mal an ganz andere Adressat/innen, die mit Göttern und Göttinnen mal so gar nichts zu tun haben.

Liebe Politiker/innen und Politiker,
egal aus welcher Partei und aus welcher Region,

wie wir alle, betretet auch ihr in Sachen Corona Neuland, wisst (noch) nur wenigdarüber, was dieser Virus in den nächsten Wochen, Monaten und wahrscheinlich Jahren, so alles anrichten kann, und welche Maßnahmen im Einzelnen wirklich etwas bringen kann, um Schlimmes möglichst zu verhindern.

Vor dem Hintergrund dieser Unsicherheiten habt ihr bis vor Kurzem einen ziemlich guten Job gemacht (mit Ausnahme von einigen Rechtsradikalen, die meinen, ein Aluhut könne Hirntätigkeit ersetzen), weil ihr eingesehen und zugegeben habt, dass ihr wenig Ahnung von der Sache habt. Deshalb habt ihr genau zugehört, was gut qualifizierte Fachleute zu sagen haben. Für die ist dieser Coronavirus auch neu, aber sie kennen sich in Sachen Virologie und Epidemiologie dank guter Ausbildung und jahrelanger Forschung sehr gut aus. Ich wage zu behaupten, besser als Parlamente und Kabinette zusammen.

Es sah tatsächlich so aus, als hättet ihr aus eurem Umgang mit dem Klimawandel gelernt, und würdet endlich mal auf ausgewiesene Expert/innen und deren Fachwissen hören. Tusch und Applaus! Aber leider folgte die Enttäuschung auf dem Fuße. Auffällig, dass die meisten Politikerinnen sich wohltuend zurückhalten, während nicht wenige ihrer männlichen Kollegen sich öffentlichkeitswirksam einen Weitpinkel-Wettbewerb in Sachen Corona, Maßnahmen, Beschränkungen und deren Aufhebung liefern.

Für mich hat es einen ganz bitteren Beigeschmack, wenn Markus Söder eine Lieferung von mehreren Millionen Schutzmasken am Flughafen persönlich in Empfang nimmt und liebevoll tätschelt. Auspacken mussten sie dann andere, denn er hat sich nicht die Mühe gegeben, nach einer Maske zu suchen, die ihm eventuell weniger gut passt:

Empathie mit medizinischem und pflegerischem Personal in anderen Bundesländern, das verzweifelt auf Schutzausrüstung hofft, kann ich jedenfalls nicht entdecken.

Ansonsten zeigt sich der bayerische Ministerpräsident auch in Corona-Zeiten in seiner Lieblingsrolle. Nein, nicht als S(c)hre(c)k, sondern als unerschrockener Hardliner, der sogar mutig genug ist, Nachrichten zu verkünden, die die bayerische Volksseele bis ins Innerste erschüttern (diejenigen, die sich freuen, dass in diesem Jahr ihre Vorgärten nicht wochenlang vollgekotzt werden, sind wahrscheinlich zuagroast). Ja, im Jahr 2020 fällt das Münchener Oktoberfest aus. Und im Netz werden die ersten Vermutungen laut, dass Söders Amtskollege Laschet für Ersatz sorgen wird und in allen Städten NRWs einen Tanz in den Mai genehmigt, vorausgesetzt, die dafür benötigte Fläche ist kleiner als 800 Quadratmeter. Oder doch größer?

Ehrlich gesagt, würde mich so ein Schwachsinn so langsam auch nicht mehr wundern, wenn ich sehe, welche Prioritäten Laschet und sein Kabinett setzen, wenn es darum geht, Gesundheit und Leben der Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Für sie ist es kein Problem, wenn, wie hier im Städtchen ein Outlet-Center in wenigen Tagen wieder als Ausflugsziel für Menschen aus nah und fern dienen kann. Zwar für weniger, als sonst üblich, aber ohne den Hauch einer Möglichkeit, eventuelle Infektionsketten zurückzuverfolgen.

Nordrheinwestfälischen Bibliotheken, wie meiner Lieblingsbücherei wird aber ein beträchtlicher, dank DSGVO rechtlich fragwürdiger Aufwand zugemutet, wenn u.a. die Registrierung aller Besucher/innen vorgeschrieben ist. Bei Friseur-Besuchen ist das nicht erforderlich, obwohl ich meiner Friseurin ganz sicher sehr viel näher komme, als Bücherei-Besucher/innen und –Mitarbeiter/innen.

Was sich mir auch nicht erschließt ist, dass NRW sich in einigen Bereichen weder an die Anordnung der Kanzlerin („Einfach mal die Klappe halten“, also sinngemäß) noch an die gemeinsamen Beschlüsse von Bund und Ländern (Stichwort Möbelhäuser) hält, aber sich in Sachen Maskenpflicht lange zierte und gebetsmühlenartig darauf verwies, es sei doch mit der dringenden Empfehlung ein gemeinsames Vorgehen beschlossen worden. Ob das etwas damit zu tun hat, dass die angestrebte Rolle als Superman unter den möglichen Kanzlerkandidaten und die Unfähigkeit, eine Mund-Nasen-Bedeckung gleichzeitig über Mund und Nase zu ziehen, auch etwas mit fragwürdig erscheinender Kompetenz zu tun hat?

fl

Spätstück im Lieblingscafé

Da sitze ich jetzt an meinem 85. Beitrag für diesen Blog (ja, die Statistik, die wordpress liefert, ist sehr interessant, auch wenn ich die Zahlen nur zur Kenntnis nehme, ohne sie nutzen zu wollen) und habe schon zigmal meinen Senf irgendwo dazu gegeben. Ich habe in über drei Jahren hin und wieder kleine Einblicke in meine Lebensverhältnisse und mein Privatleben gegen, habe sehr oft meine Auffassung und meine Meinung deutlich gemacht, aber Eines habe ich bisher schlicht vergessen: euch von meinem Lieblingscafé vorzuschwärmen.

Auch wenn die Optik es nicht unbedingt vermuten lässt, bin ich jetzt kein ausgesprochener Fan von Kaffeeklatsch mit Sahnetorte und anderem Kuchen. Ein ausgiebiges, abwechslungsreiches Frühstück, bitte nicht zu früh am Morgen, also eher ein Spätstück (Danke liebe Itzi für diese schöne Wortschöpfung, woher auch immer du sie hast), steht dagegen sehr weit oben auf der Hitliste der von mir bevorzugten Schlemmereien.

Und da gibt es wirklich keinen besseren Ort, um diese Vorliebe auszuleben, als in meinem Lieblingscafé Knitterfrei direkt neben der schönsten Bücherei im Ort.

Bekanntlich hat sich diese, als sie im historischen, aber viel zu kleinen Gebäude aus allen Nähten platzte, vor nunmehr gut fünf Jahren in einem ehemaligen Lebensmittel-Supermarkt etabliert. Ein beträchtlicher Teil meiner Blogbeiträge ist im Bereich der ehemaligen Fleischtheke entstanden, obwohl ich den Gedanken an Gulasch oder Würstchen gar nicht so inspirierend finde. Jedenfalls haben jetzt sämtliche Medien, ebenso wie die Mitarbeiter/innen und erst recht die Besucher/innen, auch mit Rollstuhl oder Kinderwagen, ausreichend Platz. Aber trotzdem war damit die Supermarktfläche noch nicht voll.

Eine Chance für den besten Büchereileiter vor Ort, seinen Herzenswunsch nach einem Lesecafé zu verwirklichen, die er sich nicht entgehen lassen konnte. Kaffee kochen allerdings sollte sein ohnehin schon reichliches Arbeitspensum nicht belasten, so dass nach einigen Verhandlungen mit der Caritas ein für Ochtrup einmaliges Angebot aus der Taufe gehoben werden konnte. Die Caritas-Werkstätten konnten nicht nur ihre Heißmangel in die Stadtmitte verlegen und in einem Werkstatt-Laden Produkte aus den Werkstätten ausstellen und verkaufen, sondern es gibt mit dem Café Knitterfrei den ersten und bisher einzigen integrativen Gastronomie-Betrieb im Ort. Und davon nur durch eine, während der Öffnungszeiten immer weit offenstehende Glastür getrennt ist das Lesecafé der Bücherei, dessen Besucher/innen vom Knitterfrei bewirtet werden. Kaffee, Tee, kalte Getränke, auch mal ein Stück Kuchen oder ein belegtes Brötchen, während man in Zeitschriften blättert, oder sich im neuesten Bestseller vertieft, das Angebot wird gerne angenommen.

Und ebenso gerne wird mein Lieblingsangebot von den Gästen angenommen, das Spätstück, oft auch früher am Morgen. Ich finde es einfach wunderschön, mich dort mal bei Brötchen, Käse (den Aufschnitt überlasse ich meinem Gegenüber), Ei, Saft und Tee (den Kaffee überlasse ich ebenfalls meinem Gegenüber) mit Freundinnen festzuquatschen bis zum Abwinken. Aber auch für gemeinsame Planungen und Absprachen mit Kooperations-Partner/innen ist es, dann als „Arbeitsfrühstück“ deklariert, eine tolle Sache.

Und ja, so ein ähnliches Frühstück gibt es auch woanders im Städtchen, allerdings nicht zu dem unschlagbar günstigen Preis und bestimmt nicht mit der Hingabe, mit der ich, ebenso wie alle anderen Gäste, dort regelrecht betüddelt werde. Sonderwünsche? Aber gerne doch, werden im Rahmen der Möglichkeit umgehend freudestrahlend erfüllt. Regelmäßiges Nachfragen, ob noch etwas fehle, und ob man zufrieden sei, ist ebenfalls selbstverständlich.

Und noch etwas empfinde ich als wohltuende Besonderheit: die Abwesenheit von Unzufriedenheit und Stress. Ja gut, an manchen Tagen, kommt schon mal ein bisschen Nervosität bei den Mitarbeiter/innen auf, wenn der Andrang so groß ist, dass das Bücherei-Forum als Ausweichquartier benötigt werden muss. Kleine Anmerkung: Viel besser ist die gute Zusammenarbeit beider Einrichtungen wohl nicht zu beschreiben.

Ansonsten aber geht es im Knitterfrei immer etwas langsamer zu, was daran liegt, dass keine/r der Mitarbeiter/innen eine gastronomische Ausbildung hat und auch daran, dass Handicaps nicht unbedingt die beste Voraussetzung dafür sind, mehr als ein Gedeck oder eine Tasse mit Untertasse zu servieren. Also lieber etwas langsamer, aber dafür ist es im Knitterfrei dann auch fast immer kleckerfrei.

Alles in allem also eine Atmosphäre, in der es nicht darum geht, dass schnell Platz gemacht werden muss für den nächsten Gast, dass selbiger für möglichst viel Umsatz sorgen soll, sondern eine Atmosphäre des Willkommen Fühlens und dem Bemühen, dass sich alle wohlfühlen, egal ob an der Kaffeemaschine oder am Tisch. Außerdem schmeckt es im Knitterfrei immer hervorragend, und so ein Spätstück ist so opulent, dass auch wenn es zu Frühstückszeiten serviert wurde, das Mittagessen noch ausfallen kann.

fl

Geschmackssache

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Es gibt Testverfahren, die sind sehr aufwendig und teuer, und sie bringen manchmal Dinge ans Licht, die man eigentlich gar nicht wirklich wissen wollte. Dann gibt es Testverfahren, die sehr fragwürdig sind, aber Ergebnisse bringen, über die man sich freut. Und schließlich sind da Testverfahren, deren Ergebnisse alternative Fakten sind, hinlänglich bekannt durch gewisse Autofirmen.

Da lob ich mir doch das Verfahren, mit dem wir feststellen, welche Bücherei-Medien nicht mehr für die Ausleihe geeignet sind.

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Der Sandmann im Medizinschrank

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„Superkalifragilistischexpialigetisch“ war das Erste, was mir durch den Kopf schoss, als ich die wirklich beunruhigende Nachricht las, die kürzlich durch nahezu alle Medien ging, dass immer mehr Eltern ihre Kinder abends mit Schlafmitteln ruhigstellen. Keine Sorge, ich habe keinerlei Ambitionen, einen Abklatsch von Mary Poppins zu werden. Wer mich jemals gesehen haben, den befällt bei der Vorstellung, wie ich, statt an einem riesigen Ballon, an einem Regenschirm schweben könnte, ein haltloses Kichern. Stichwort: Patsch!

Aber ich würde vielen Eltern die heitere Gelassenheit einer Mary Poppins gönnen, im Umgang mit Kindern, die nicht den viel beschwärmten (und selten realen) Ideal von besonders „pflegeleichten“ Kindern entsprechen, die nach den Schilderungen stolzer Eltern auch meistens ihrem „Alter weit voraus“ sind.

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