
In der schönsten Bücherei meines Wohnorts gibt es Ecken, die ich oft meide. Vor allem an Tagen, an denen ich noch andere Pläne habe, als durch die Regale zu stöbern. Die Ecken, die ich meine, sind nämlich regelrechte Zeitfresser, die es mit dem Surfen im Internet durchaus aufnehmen können.
Da sind als Erstes die etwa 750 Koch- und Backbücher, von denen mich eigentlich nur die zum Thema Thermomix und die über kunstvoll verzierte Torten nicht interessieren. In direkter Nachbarschaft stehen dann über 300 Handarbeitsbücher. Selbst wenn ich da Häkeln und Sticken außer Acht lasse, ist eine Stunde rum wie nix. Und richtig lange dauert es, wenn mir Hobby-Bücher ins Blickfeld geraten zu Themen, die mir ziemlich unbekannt sind. Da schlägt dann meine Neugier, äh mein Interesse, gnadenlos durch. Und manches Mal ist mir bisher das Wort „Schade“ durch den Kopf geschossen, weil ich es mir verkniffen habe, irgendwelches Equipment für neue Hobbys anzuschaffen, solange ich meine Wollvorräte nicht verstrickt habe. Dabei geht es um einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren.
Also, noch ein Grund, die Zeitfresser-Ecken zu meiden. Da hat mir allerdings die schönste Bücherei des Ortes jetzt einen Strich durch die Rechnung gemacht mit dem neuen Projekt „Bibliothek der Dinge“. Die unterschiedlichsten Utensilien für verschiedene Beschäftigungsmöglichkeiten stehen dort seit einigen Wochen zur Ausleihe und können von den Bücherei-Nutzer/innen für zwei Wochen mit nach Hause genommen werden.

Okay, eine Silikonform, in der süße Einhörner gebacken werden können, weckt mein persönliches Interesse jetzt nicht so sehr, sie führt aber in Sachen Ausleihzahl die Liste der insgesamt 16 Kuchenformen an. Eine Nähmaschine habe ich selber, finde aber die Idee klasse, dass jemand, die/der damit gut aber nicht gerade gerne umgeht, sie mal eben für nötige Ausbesserungs- und Änderungsarbeiten ausleiht. Und für diejenigen, die mal ausprobieren möchten, ob sie in der Lage sind, z. B. Kinderkleidung selbst zu nähen, bietet sie sich zu Testzwecken an. Liebe Interessent/innen, Ihr werdet überrascht sein, zu was Ihr mit Hilfe der richtigen Anleitungsbücher fähig seid. Probiert’s einfach mal aus, ist in den Jahresgebühren der Bücherei inbegriffen.
Das Slackline-Set steht jetzt auch nicht auf der Liste der Dinge, die ich mal 14 Tage lang nutzen möchte, das ist mir dann doch eine zu wackelige Angelegenheit, habe ich vor Jahren beim Ausprobieren mal festgestellt. Selbst, wenn ein gewisser sportlicher Ehrgeiz zu meinem Repertoire gehören würde, eine Action-Kamera um meine Bemühungen einzufangen, wäre zwar vorhanden, aber nicht nötig. Irgendwas mit Slow-Motion täte es auch.
Reizvoll dagegen finde ich das E-Drum-Set, wenn ich mich mal wieder darüber ärgern muss, dass das halbwüchsige Nachbarkind das Wort „Rücksichtnahme“ bestenfalls schreiben kann. Besonders liebäugele ich damit, mir demnächst mal das Buch „Gitarre für Dummies“ auszuleihen, selbstverständlich mit dem dazu passenden Übungsobjekt. Oder vielleicht probiere ich es doch lieber mit der Ukulele. Die Vorzüge eines Grafik-Tabletts auszutesten, hätte auch was. Vielleicht halte ich das dann mal im Bild fest, denn eine Sofortbild-Kamera gibt’s in der „Bibliothek der Dinge“ auch.
Ach ja, Gedanken zum Thema „Zeitfresser“ blende ich bei künftigen Bücherei-Aufenthalten einfach aus. Besser ist das.
fl