
Keine Ahnung, ob es Zufall oder besondere Aufmerksamkeit war, auf jeden Fall spielte wohl die Vorliebe der Bücherei-Kollegin für Petterson und Findus eine nicht unbeträchtliche Rolle, als sie eine besondere Duplizität in einem Bilderbuch und einer Hobby-Handwerker-Anleitungs-Zeitschrift entdeckte – passend zur Jahreszeit in Sachen Weihnachtsbaum. Hinter den Bücherei-Kulissen sorgte der Fund für vorweihnachtliche Heiterkeit, an der umgehend auch die treuen und aufmerksamen Beobachter/innen des Facebook-Auftritts der Bücherei teilhaben konnten.
In den vielen Jahren meines Lebens habe ich schon viele Handarbeitszeitungen unterschiedlichster Güte durchgeblättert, mir aus einigen Anleitungen und Anregungen geholt, andere schnell wieder zur Seite gelegt. Ganz sicher werde ich nämlich keinen Pullover nachstricken, wenn es keine Strickschrift und kein grobes Schnittmuster mit Maßangaben dafür gibt. Ich greife nämlich eindeutig lieber zum Maßband, statt gefühlt hunderte von Reihen zu zählen um zu wissen, wann der Halsausschnitt dran ist.
Heimwerker-Zeitungen gehören nicht zu meiner bevorzugten Lektüre, weshalb ich nicht beurteilen, wie gut sich die Anleitungen nacharbeiten lassen, oder ob an der einen oder anderen Stelle nach dem Motto „kommt ja noch Farbe drauf“ gewerkelt wird. Aber die Kollegin hatte mich auf den Nachbau des Petterson-Weihnachtsbaum in dem Blatt neugierig gemacht. Dass der in der Ausgabe 1/2022 und nicht in der Dezemberausgabe dieses Jahres erscheint, machte mich genauso stutzig wie die Tatsache, dass die Januar-Ausgabe Anfang Dezember ausgeliefert wird. Rechnen Heimwerker und Hobby-Bastler anders als Strickerinnen, oder ist das generell so ein Frauen-Männer-Ding, weshalb die einen nicht in den Himmel kommen und die anderen keine Stadtpläne lesen können? Auffällig jedenfalls ist, dass in besagter Zeitschrift Frauen lediglich im Impressum als Redaktions-Mitarbeiterinnen eine Rolle spielen, ansonsten aber nirgendwo in der Nähe von Hammer, Bohrmaschine oder Säge auftauchen.
Und so ist auch der Do-it-yourself-Baum reine Männersache, was sich meiner Meinung nach dadurch erklärt, dass Frauen kaum auf eine solche , mit Verlaub, bescheuerte Idee kommen, Holz und Tannenzweige in stundenlanger Arbeit zusammenzuklöppeln. Und das in einer Zeit, wenn Holzstämme mit daran festgewachsenen Tannenzweigen, so wie von Mutter Natur mit Unterstützung von Baumschulen-Besitzer/innen geschaffen, auf jedem Wochen- und vor jedem Baumarkt 😉 als fertiges Gesamtwerk zu erstehen sind. Ich mutmaße keinesfalls zu einem höheren Preis als für die Zutaten zum Eigenbau, wobei die Arbeitsstunden nicht mal eingerechnet sind.
Dass die Dinger praktischer sind als das Original, bezweifle ich ganz stark. Auch ohne besondere botanische Vorkenntnisse mutmaße ich ernsthaft, dass die Zweige ohne die Chance mal an einen Tropfen Wasser zu gelangen, sich in Rekordzeit von sämtlichen Nadeln verabschieden, während der echte Baum aus der Schale des Christbaum-Ständers sich immer mal ein Schlückchen gönnen kann, damit die Nadeln ihm treu bleiben.
Dass das Eigenwerk besonders nachhaltig ist, bezweifle ich ebenfalls. Ja, das Baugerüst, sorgsam zugeschnitten, mit einem sorgfältigen Feinschliff versehen und mit Holzbeize bestrichen, kann nach den Feiertagen fürs nächste Jahr aufbewahrt werden. Platzsparend behaupten die Blatt-Macher/innen. Bei Bewohner/innen von Mietwohnungen mit einem kleinen dazugehörigen Keller-Abteil könnten bei Holzstangen von 1,90 Meter Länge möglicherweise Zweifel an dieser Aussage aufkommen. Gerade beim Blick auf den sich seit Jahrzehnten im Familienbesitz befindlichen Keramiktopf mit Metallkreuz und Flügelschrauben, der nicht mal die Größe eines ausgewachsenen Suppentopfs erreicht und trotzdem den Baum mit Wasser versorgen kann.
Überzeugende Umweltschutz-Aspekte kann ich beim selbstgemachten Weihnachtsbaum auch nicht erkennen, denn anders als bei den immer beliebteren Kunststoff-Modellen (über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten, deshalb fange ich an dieser Stelle auch gar nicht damit an), braucht die Marke Eigenbau jedes Jahr aufs Neue frische Zweige. Und ob die bei den Entsorgungs-Touren der freiwilligen Initiativen, die ihre Vereinskasse damit aufbessern, überhaupt am Straßenrand aufgelesen werden, bleibt herauszufinden. Falls nicht, hat der fleißige Hobby-Werker noch mal ein Stündchen Arbeit um die Zweige auf Bio-Tonnen-Format zu bringen. Das übrigens nennt sich in Fachkreisen, wie ich der Zeitschrift entnehmen konnte, nicht kürzen sondern dort wird beim Zusammenbau empfohlen „Längen Sie die Zweige ab“. Nun denn.
Egal ob und wenn ja welcher Weihnachtsbaum bei euch Zuhause steht: Genießt die Feiertage und habt ein schönes und gesundes Jahr 2022. Und wenn euch das neue Jahr mal ganz viel Langeweile bescheren sollte, mein persönlicher Tipp: Strickt lieber, als unnütze Gegenstände zu bauen und zu basteln.
fl

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