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Portion Senf dazu?

Die Bücherei St. Lamberti bloggt

Monat

Dezember 2021

Zum Fest geschraubt

Keine Ahnung, ob es Zufall oder besondere Aufmerksamkeit war, auf jeden Fall spielte wohl die Vorliebe der Bücherei-Kollegin für Petterson und Findus eine nicht unbeträchtliche Rolle, als sie eine besondere Duplizität in einem Bilderbuch und einer Hobby-Handwerker-Anleitungs-Zeitschrift entdeckte – passend zur Jahreszeit in Sachen Weihnachtsbaum. Hinter den Bücherei-Kulissen sorgte der Fund für vorweihnachtliche Heiterkeit, an der umgehend auch die treuen und aufmerksamen Beobachter/innen des Facebook-Auftritts der Bücherei teilhaben konnten.

In den vielen Jahren meines Lebens habe ich schon viele Handarbeitszeitungen unterschiedlichster Güte durchgeblättert, mir aus einigen Anleitungen und Anregungen geholt, andere schnell wieder zur Seite gelegt. Ganz sicher werde ich nämlich keinen Pullover nachstricken, wenn es keine Strickschrift und kein grobes Schnittmuster mit Maßangaben dafür gibt. Ich greife nämlich eindeutig lieber zum Maßband, statt gefühlt hunderte von Reihen zu zählen um zu wissen, wann der Halsausschnitt dran ist.

Heimwerker-Zeitungen gehören nicht zu meiner bevorzugten Lektüre, weshalb ich nicht beurteilen, wie gut sich die Anleitungen nacharbeiten lassen, oder ob an der einen oder anderen Stelle nach dem Motto „kommt ja noch Farbe drauf“ gewerkelt wird. Aber die Kollegin hatte mich auf den Nachbau des Petterson-Weihnachtsbaum in dem Blatt neugierig gemacht. Dass der in der Ausgabe 1/2022 und nicht in der Dezemberausgabe dieses Jahres erscheint, machte mich genauso stutzig wie die Tatsache, dass die Januar-Ausgabe Anfang Dezember ausgeliefert wird. Rechnen Heimwerker und Hobby-Bastler anders als Strickerinnen, oder ist das generell so ein Frauen-Männer-Ding, weshalb die einen nicht in den Himmel kommen und die anderen keine Stadtpläne lesen können? Auffällig jedenfalls ist, dass in besagter Zeitschrift Frauen lediglich im Impressum als Redaktions-Mitarbeiterinnen eine Rolle spielen, ansonsten aber nirgendwo in der Nähe von Hammer, Bohrmaschine oder Säge auftauchen.

Und so ist auch der Do-it-yourself-Baum reine Männersache, was sich meiner Meinung nach dadurch erklärt, dass Frauen kaum auf eine solche , mit Verlaub, bescheuerte Idee kommen, Holz und Tannenzweige in stundenlanger Arbeit zusammenzuklöppeln. Und das in einer Zeit, wenn Holzstämme mit daran festgewachsenen Tannenzweigen, so wie von Mutter Natur mit Unterstützung von Baumschulen-Besitzer/innen geschaffen, auf jedem Wochen- und vor jedem Baumarkt 😉 als fertiges Gesamtwerk zu erstehen sind. Ich mutmaße keinesfalls zu einem höheren Preis als für die Zutaten zum Eigenbau, wobei die Arbeitsstunden nicht mal eingerechnet sind.

Dass die Dinger praktischer sind als das Original, bezweifle ich ganz stark. Auch ohne besondere botanische Vorkenntnisse mutmaße ich ernsthaft, dass die Zweige ohne die Chance mal an einen Tropfen Wasser zu gelangen, sich in Rekordzeit von sämtlichen Nadeln verabschieden, während der echte Baum aus der Schale des Christbaum-Ständers sich immer mal ein Schlückchen gönnen kann, damit die Nadeln ihm treu bleiben.

Dass das Eigenwerk besonders nachhaltig ist, bezweifle ich ebenfalls. Ja, das Baugerüst, sorgsam zugeschnitten, mit einem sorgfältigen Feinschliff versehen und mit Holzbeize bestrichen, kann nach den Feiertagen fürs nächste Jahr aufbewahrt werden. Platzsparend behaupten die Blatt-Macher/innen. Bei Bewohner/innen von Mietwohnungen mit einem kleinen dazugehörigen Keller-Abteil könnten bei Holzstangen von 1,90 Meter Länge möglicherweise Zweifel an dieser Aussage aufkommen. Gerade beim Blick auf den sich seit Jahrzehnten im Familienbesitz befindlichen Keramiktopf mit Metallkreuz und Flügelschrauben, der nicht mal die Größe eines ausgewachsenen Suppentopfs erreicht und trotzdem den Baum mit Wasser versorgen kann.

Überzeugende Umweltschutz-Aspekte kann ich beim selbstgemachten Weihnachtsbaum auch nicht erkennen, denn anders als bei den immer beliebteren Kunststoff-Modellen (über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten, deshalb fange ich an dieser Stelle auch gar nicht damit an), braucht die Marke Eigenbau jedes Jahr aufs Neue frische Zweige. Und ob die bei den Entsorgungs-Touren der freiwilligen Initiativen, die ihre Vereinskasse damit aufbessern, überhaupt am Straßenrand aufgelesen werden, bleibt herauszufinden. Falls nicht, hat der fleißige Hobby-Werker noch mal ein Stündchen Arbeit um die Zweige auf Bio-Tonnen-Format zu bringen. Das übrigens nennt sich in Fachkreisen, wie ich der Zeitschrift entnehmen konnte, nicht kürzen sondern dort wird beim Zusammenbau empfohlen „Längen Sie die Zweige ab“. Nun denn.

Egal ob und wenn ja welcher Weihnachtsbaum bei euch Zuhause steht: Genießt die Feiertage und habt ein schönes und gesundes Jahr 2022. Und wenn euch das neue Jahr mal ganz viel Langeweile bescheren sollte, mein persönlicher Tipp: Strickt lieber, als unnütze Gegenstände zu bauen und zu basteln.

fl

Urlaubskasse Bücherei

Es sind zwischen vier und fünf Medien, die sich rein rechnerisch jede/r Nutzer/in der für mich schönsten Bücherei der Region jeden Monat für ein paar Wochen zu sich nach Hause holen. Es braucht keine hellseherischen Fähigkeiten um zu wissen, dass beim Lesen dieser Zeilen die eine oder der andere treue Besucher/in im heimischen Wohnzimmer gerade müde lächelt mit Blick auf fünf Gesellschaftsspiele, sechs DVDs, acht Bilderbücher, vier Romane, fünf Hörbücher und sieben Bibi-und Tina CDs aus dem Bücherei-Bestand. Ja auch für mich ist es schwer vorstellbar, dass man die Bücherei nur alle paar Monate mal aufsucht und dann mit zwei oder Medien nach Hause geht. Aber eines haben sie gemeinsam, die Viel- und die Selten-Nutzer/innen, sie haben dank der Bücherei ordentlich Geld gespart.

Hätte die Familie im oben angeführten Beispiel die 35 Medien nicht ausgeliehen, sondern gekauft, wären laut diesem Rechner 443,10 Euro fällig gewesen. Wenn sie sich einmal im Monat in ähnlichem Umfang versorgt, spart unsere Muster-Familie also locker einen Jahresurlaub. Auch dann noch, wenn man die Gebühr berücksichtig, mit der die Büchereikarte jedes Jahr zu Buche schlägt. Und selbst unser/e statistische Durchschnitts-User/in mit nur vier bis fünf Medien pro Monat müsste aufs Jahr gerechnet etwa 900 Euro ausgeben, wenn sie/er die Bücher, Filme, Konsolenspiele usw. nicht ausleihen könnte, sondern kaufen müsste.

Ein ordentlicher Batzen Kohle, der auch für die eine oder andere Enttäuschung sorgen kann. Es ist wohl uns allen schon passiert, dass wir uns ein Buch angeschafft haben, das im Freundeskreis wärmstens empfohlen wurde, die Bestseller-Listen gestürmt oder hervorragende Kritiken bekommen hat, und das wir auch auf Seite 123 immer noch wahlweise gähnend langweilig, nichts sagend, verworren finden. Bei mir ist zum Beispiel Schluss, wenn die Zahl der Haupt(!)figuren eines Romans im mittleren zweistelligen Bereich angesiedelt ist. Und wer noch nie enttäuscht war, weil die hohen Erwartungen an ein neues Buch nicht erfüllt wurden, weil es nicht vielmehr beinhaltete als die ebenso stilistisch fragwürdige, wie grundlose Selbstbeweihräucherung der Autorin oder des Autors, hat entweder großes Glück gehabt oder noch nicht allzu viele Bücher gelesen.

Natürlich kann mir das genauso gut mit einem Buch aus der Bücherei passieren, aber dann klappe ich es eben auf Seite 123 zu, nehme die nächste Ausleihe zur Hand und bringe den Fehlgriff bei nächster Gelegenheit wieder zurück. Bei einem gekauften Buch quäle ich mich durch weitere zwei- bis dreihundert Seiten, weil ich denke, dass ich die 28 Ocken doch irgendwie abarbeiten muss.

Ja, es gibt Menschen, die können sich nur schlecht mit dem Gedanken anfreunden, dass ihre Lektüre vielleicht schon mal in fremden Betten gelegen haben könnte. Ich bin das ziemlich schmerzfrei und mache mir beispielsweise auch keine Gedanken beim Klamottenkauf, wer sich die Hose schon mal übers Gesäß gezogen haben könnte, wenn ich damit in der Umkleidekabine stehe. Aber wer bei der Anschaffung von Büchern halt besonders empfindlich, oder vielleicht auch nur besonders faul ist, greift schon mal gerne auf den Online-Handel zurück.

Ob diese Leute sich klar machen, was ihnen so entgeht? Natürlich gibt es nette Post- und Paket-Bot/innen, aber die haben in der Regel nie soviel Zeit für ein gemütliches Schwätzchen, wie die Bekannten, die man zufällig in der Bücherei trifft. So sehr ich es schätze, wenn der Paketbote mir Sendungen unaufgefordert hinterher bringt, bin ich noch nie auf die Idee gekommen, mit ihm spontan einen Kaffee/Tee im Knitterfrei zu trinken. Und welche im  Akkord Pakete packenden Lager-Arbeiter/innen interessieren sich schon dafür, welche Lesefortschritte der Nachwuchs in jüngster Zeit gemacht hat und gibt Tipps für die altersgemäße Lektüre?

Ja, ab und zu kaufe ich mir auch Bücher, selbstverständlich im örtlichen Buchhandel. Aber in der Regel handelt es sich um Exemplare, dich ich zuvor in dem über 12 000 Exemplare umfassenden Buchbestand der Bücherei gefunden habe (die Bücherei hat mehr, aber Kinderbücher oder Fantasy-Lektüre beispielsweise interessieren mich nicht) oder von den Mitarbeiter/innen habe finden lassen. Und wenn ich dann auf welche gestoßen bin, die ich für so toll befunden habe, dass ich sie immer mal wieder lesen möchte – in zeitlichen Abständen natürlich, oder mir einzelne Kapitel und Passagen ins Gedächtnis rufen will, dann will ich die auch dauerhaft in Wohnzimmer-Regal stehen haben mit der Gewissheit, dass der Kauf für mich gut angelegtes Geld ist.

Natürlich ist die Bücherei-Nutzung jetzt nicht nur eine große Chance für den Kontostand gut betuchter Sparfüchse, sondern vor allem Gelegenheit für alle, die sich ihr Einkommen jeden Monat gut einteilen müssen, und noch mehr für diejenigen, für die nahezu jede Neuanschaffung unter die Kategorie Luxus fällt, sich ständig und regelmäßig mit Bildung und Unterhaltung einzudecken, ohne an anderer Stelle sparen zu müssen. Es sind wohl die meisten, die mit dem durch die Bücherei-Nutzung eingesparten Geld eher den Ersatz für die defekte Waschmaschine finanzieren, als eine Kreuzfahrt zu buchen. Aber sie können sich den Zugriff auf tausende Medien bedenkenlos leisten, um ihre Gedanken auf wunderschöne Reisen zu schicken.

fl

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