Start up, Nachhaltigkeit, Umwelt und Ressourcen schonen, fair produziert, regional, all das sind Stichworte, die ganz sicher nicht nur mir immer wieder in Online-Foren über den Weg laufen und mein Interesse wecken. Wenn dann aber noch Stichworte wie stricken und Wolle dazu kommen, schnappe ich zu, wie der Hund nach der Scheibe Wurst.

Womit wir auch gleich beim Thema wären, denn per Zufall las ich von einem Start-Up-Unternehmen, das Hundehaare zu Strickwolle verarbeitet. Treue Leser/innen erinnern sich vielleicht, dass ich sehr wählerisch bin, wenn es um die Qualität von Wolle geht und auch schon gewisse Merkwürdigkeiten ausprobiert habe, was diesem Blog seit über vier Jahren immer wieder ungeahnte Aufmerksam sogar im Ausland beschert. Und so hatte ich auch im Hinterkopf sofort die Idee eines Blogbeitrags mit praxisnaher Schilderung der Qualität von Hunde-Wolle, als ich den Link in einem Forum anklickte.

Bei der Überschrift „Ist auch deine Fellnase Teil der System-Revolution?“ war ich kurz davor, die Seite wieder zu verlassen, da die einzigen Haustiere in meinem Haushalt Wollmäuse im Großfamilien-Verbund sind, und Herr Oter bislang keine revolutionären und/oder systemverändernde Ambitionen gezeigt hat. Gering war dementsprechend mein Interesse daran Tierschutz zu unterstützen durch die Einsendung von Hundehaaren, zumal ich auf der Homepage keine Hinweise finden konnte, an welche Institutionen bisher wieviel Geld gespendet wurde.

Aber mir gings ja auch ums Stricken, um berichten zu können, wie sich die Wolle anfühlt, wie gut oder schlecht sie zu verarbeiten ist, und ob das Versprechen eingehalten wird, dass sie nach dem Waschen und vor dem Trocknen nicht doch nach dem sprichwörtlichen nassen Hund stinkt. Also klickte ich auf den Shop und ließ meine Gesichtszüge entgleisen und die Kinnlade runterfallen, bevor ich beschloss, mich in Rekordzeit von dem Gedanken an einen neuen Pullover zu verabschieden und selbst auf ein kleines Probestück zu verzichten. 100 Gramm Wolle mit einer Lauflänge von 360 Metern in bester Hundegarn-Qualität, die nach Herstellerangaben immerhin für ein Paar Socken reichen soll, kosten nämlich stolze neunundsiebzigfünfundneunzig Euro. Bevor ihr dreimal nachlest:

79,95 €!

Für einen ganz normalen Pullover kann man also gut und gerne (gerne?) über 600 Euro veranschlagen, bei aufwändigen Zopfmustern kommt bestimmt nochmal ein Hunderter obendrauf. Und für den Fall, dass der gut ausgebürsteten „Fellnase“ (welche Tiere haben eigentlich Fell auf oder in der Nase?) mangels zu verspinnendem, wärmendem Unterfell ein Schnupfen oder Husten droht, kann man im Internet-Shop auch einen fertig gestrickten Hundepullover für den Schnäppchenpreis von 170 Ocken in Pinschergröße aus den Haren von Pfiffis Artgenossen käuflich erwerben.

Wohlgemerkt, der Rohstoff wird der Firma kostenlos von unweltbewussten Tierliebhaber/innen zur Verfügung gestellt, gegen das Versprechen von Spenden für einen Baum, ein Tierheim oder einen Gnadenhof. Bei einer derartigen „System-Revolution“ müssten sich der gute alte Karl und sein Kumpel Friedrich eigentlich mal so langsam beharrlich aus dem Grab schrauben.

fl