Mit ganzen 16 Büchern begann von über 160 Jahren die Geschichte der hiesigen Bücherei, in der es nicht nur mir Spaß macht (ehrenamtlich) zu arbeiten. Für deren Verwaltung reichte als Qualifikation Frömmigkeit und die Fähigkeit, handschriftliche Listen zu führen. Aktuell hat die schönste Bücherei im Städtchen über 40 000 Medien im Bestand, über 40 ehrenamtliche und drei hauptamtliche Mitarbeiter/innen und erstmals seit über eineinhalb Jahrhunderten einen Auszubildenden. Aber bestimmt keine handschriftlichen Listen mehr, um den Ausleibetrieb am Laufen zu halten.
Das, wie so vieles andere auch, ist nur noch mit Hilfe des Computers möglich, wobei die Katalogisierung der Medien nicht nur an unseren neuen Kollegen Phil auf seinem Weg hin zum Fachangestellten für Medien und Informationsdienste, Fachrichtung Bibliothek, besondere Anforderungen stellt. Kleine Kostprobe aus dem dazugehörigen Handbuch, das aktuell zwischen den hauptamtlichen Kolleg/innen kursiert:
Formalerschließung wird auch als Formalkatalogisierung, alphabetische Katalogisierung oder einfach nur als Katalogisierung bezeichnet. Sie ist eine zentrale bibliothekarische Dienstleistung: Ohne sie würde man sich im Bestand eine Bibliothek oder anderen Informationseinrichtung nicht zurechtfinden. Bei der Formalerschließung werden Ressourcen gemäß festgelegten Regeln nach äußerlichen, formalen Kriterien beschrieben und auffindbar gemacht.
Mit Ressourcen sind alle Arten von physischen und digitalen Objekten gemeint, die in Bibliotheken oder anderen Gedächtnis- und Informationseinrichtungen (z. B. Archiven, Museen, Dokumentationsstellen) als Sammlungsgegenstände vorkommen. Die Ressourcen müssen nicht zwangsläufig im physischen Besitz der jeweiligen Institution sein; es genügt, wenn diese den Zugang dazu vermitteln kann. Beispielsweise werden elektronische Zeitschriften, die eine Bibliothek lizensiert hat, häufig auf einem Server des Verlags vorgehalten.
Da fällt mir nur ein berühmtes Asterix-Zitat ein, das sich auf Römer bezieht, aber auch ganz gut auf Bibliothekar/innen zutrifft, die so etwas unter der Bezeichnung „Eine Einführung für deutschsprachige Anwender“ aufschreiben.
Für Phil sind solche Zeilen aber kein Grund, seine Berufswahl nochmal zu überdenken, versichert er, sondern sich zu freuen, dass er in einem Team arbeitet, in dem zumindest drei erfahrene Leute ihn tatkräftig unterstützen können und werden, bis auch der letzte Arbeitsschritt für Phil keine Theorie mehr bedeutet, sondern in der praktischen Arbeit flott von der Hand geht.
Überhaupt macht der 19jährige nach den ersten zweieinhalb Wochen seit Ausbildungsbeginn einen ganz zufriedenen Eindruck mit der Stelle, seinem täglich wechselnden Kolleg/innen-Kreis und einer Umgebung mit tausenden von Büchern, Zeitschriften und Spielen. Auch Phil gehört zu den Leseratten, deren Begeisterung für Gedrucktes schon im Kindesalter geweckt wurde, und ihn zu einem treuen Nutzer der Bücherei in seinem ostwestfälischen Heimatort werden ließ. Obwohl Phil dort ehrenamtlich bei Aktionen und Veranstaltungen mitgeholfen hat, stand ein Job in der Bücherei lange Zeit nicht auf der Liste der Wunschberufe. Warum, kann er sich auch nicht so richtig erklären: „Irgendwie hab ich einfach nicht daran gedacht.“ Erst als Phil sich nach dem Abitur im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes mit unterschiedlichen Möglichkeiten der zielgerichteten Berufsfindung vertraut gemacht hatte, kam er auf die richtige Fährte und bewarb sich unter anderem bei der schönsten Bücherei im Städtchen für den ersten Ausbildungsplatz dort. Unter zwei Dutzend Beweber/innen wurde er ausgesucht, fand eine Wohnung hier und wurde von einer hauptamtlichen Kollegin unter die Fittiche genommen, die den IHK-Kurs für die Ausbildereignungsprüfung absolviert hatte.
Neben all dem Neuen, das die Ausbildung in der Bücherei und zweimal wöchentlich in der Berufsschule mit sich bringt, gab es auch noch die Herausforderung über hundert Kilometer weit entfernt von der Familie erstmals in eigenen vier Wänden zu leben und nach Feierabend einen eigenen Haushalt zu führen. Bis jetzt, so freut Phil sich, klappt das besser, als erwartet, er habe jedenfalls immer genug zu Essen und saubere Kleidung im Schrank.
Na, da stehen doch alle Zeichen auf Grün, und es ist Phil zu wünschen, dass das mindestens für die kommenden drei Jahre auch so bleibt, hoffentlich aber auch noch länger.
fl
