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Portion Senf dazu?

Die Bücherei St. Lamberti bloggt

Monat

Mai 2020

Unbedenkliches Mausgrau

In freundlichem Mausgrau kommen seit einigen Wochen in der schönsten Bücherei am Ort aus den kleinen, brummenden Druckern die Zettelchen, die die Leser/innen daran erinnern, welche Bücher zu welchem Termin wieder zur Bücherei gebracht werden sollten, um keine Mahngebühren zu bezahlen. Wer die Leihfrist verlängert, bekommt solche Zettel nur vor Ort, wer das per Telefon erledigt, sollte sich die Daten ganz altmodisch mit Stift und Zettel notieren.

Die mausgraue Farbe der Papierrollen hat jetzt nichts mit einem – von mir mal wieder verpassten – Modetrend zu tun, sondern mit der Gesundheit von Bücherei- Nutzer/innen und Mitarbeiter/innen und mit Umweltschutz. Bei deren Herstellung wird nämlich auf bestimmte, gesundheitsgefährdende Zusatzstoffe, vor allem aber auf Bisphenol A verzichtet. Diese chemische Verbindung, jahrelang Bestandteil eines jeden Bons an der Supermarktkasse, steht im Verdacht krebserregend zu sein und hormonverändernde Wirkungen zu haben. Seit Jahresanfang ist sie in einer Konzentration von mehr als 0,02 Prozent in Kassenbons verboten, aber einige Hersteller setzen stattdessen jetzt Bisphenol S, das sicher auch nicht das Prädikat „gesundheitlich wertvoll“ verdient.

Jetzt hat die Bücherei nicht nur eine Vielzahl von Medien zu den Themen „Gesundheit“ „Klima“ und „Umwelt“ im Regal stehen, sondern auch Verantwortliche, die diese Dinge durchaus ernst nehmen. Und deshalb werden die Bons eben auf Papier gedruckt, das ganz ohne Bisphenole und chemische Farbentwickler hergestellt wird und daher ohne Bedenken bei direktem Lebensmittelkontakt verwendet werden dürfte. Für die Bücherei keine notwenige Voraussetzung, die Tasse Kaffee oder Tee, die sich ab und an mal schwungvoll über eines der ausgeliehenen Bücher ergießt, ist damit nämlich nicht gemeint.

Anders als viele Kassenzettel, können die Erinnerungszettel aus der Bücherei bedenkenlos im Altpapier entsorgt werden. Immerhin verbraucht die Bücherei im Laufe eines Jahres soviel von diesem Papier, dass es aneinandergereiht zehn Mal durch die Fußgängerzone des Städtchens gelegt werden könnte. Wie schön wäre es, wenn alle Kassenbons auf umweltfreundlichem Papier gedruckt würden, denn nach Einführung der Bonpflicht haben die laut Handelsverband allein in Deutschland eine Gesamtlänge, die ausreicht um damit fünf Mal den Äquator zu umwickeln. Und anders als auf dem Öko-Papier kann man nicht mit dem Fingernagel darauf malen:

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Fixe Tippelei!

Nachdem wir fast drei Wochen lang die Wohnung miteinander geteilt haben, ist sie mir nicht mehr fremd, dennoch bleibt Naima, egal wie lange sie irgendwo bleibt, fremde Freireisende. Bis mindestens Oktober 2021, wenn sie möchte auch länger, denn so lange darf sie ihre Heimatstadt Hamburg im Umkreis von 50 Kilometern nicht betreten. Die junge Frau ist Tischlerin und hat sich nach der Gesellenprüfung aufgemacht, die Welt – oder wenigstens Teile davon – zu erkunden, also in die Fremde zu ziehen. Naima ist Wandergesellin.  

Jetzt liegt unser Städtchen ja nun nicht gerade so zentral, dass es zum Abstecher von den bevorzugten Routen für Wandergesellinnen und Wandergesellen einlädt, sondern es gab einen Grund für Naimas Aufenthalt hier. Treue Leser/innen dieses Blogs, treue Besucher/innen der Bücherei sowieso, erinnern sich hoffentlich noch an das „Internationale Café“, zu dem einmal im Monat Geflüchtete, Zugezogene und Einheimische in das Lesecafé der Bücherei eingeladen waren, ebenso wie an dessen Nachfolgerin, das nach wie vor gut besuchte Internationale Frauencafé, wenn nicht gerade Corona das verhindert.

Und jetzt steht ein weiteres Nachfolgeprojekt in den Startlöchern, bei dem die Begriffe „inter“ und „Café“ wieder nicht fehlen dürfen, nämlich ein interkulturelles Nähcafé namens „ZickZack“.

Ja, Naima kann richtig gut nähen, sogar Weste und Hose ihrer zünftigen Wandergeselinnen-Kluft, aber das war nicht der Grund, für ihren Aufenthalt, sondern während ihrer Zeit hier ein Nebeneffekt zur Freizeitgestaltung. Nein, sie war gekommen, um das Nähcafé als Tischlerin zu unterstützen und hat innerhalb relativ kurzer Zeit (zum Teil mit Unterstützung eines Wandergesellen-Kameraden – nochmal herzlichen Dank, Ben) für ebenso praktische, wie schöne Möblierung unseres künftigen Angebots gesorgt.

Allein schon ihre Expertinnen-Ideen waren phantastisch, denn sie tragen dazu bei, dass Corona-Auflagen einhalten können, und zwar so, dass sich die Besucherinnen und Besucher, sowie die Verantwortlichen nicht durch Plexiglas-Scheiben verständigen müssen. Und die problemlos gewährte finanzielle Unterstützung der Stadt Ochtrup für das wohl erste interkulturell geplante, organisierte und demnächst durchgeführte soziale Projekt im Städtchen sorgte dafür, das Naima überhaupt tätig wurde, denn wir konnten auf Spanplatten verzichten. Dabei kam uns die Unterstützung des hiesigen evangelischen Kirchenkreises gerade recht.

Entstanden sind in wenigen Tagen und vielen unbezahlten Arbeitsstunden (1 000 Dank dafür) in der Werkstatt der hiesigen Tischlerei Focke, die Naima dankenswerterweise nutzen durfte, vier Arbeitstische, das Gestell für einen Raumteiler – den mit Stoff schick zu machen, wird eines der ersten Nähprojekte sein – und eine Mischung aus Tisch, Regal und Küchentresen,

Dieses Bild hat ein leeres alt-Attribut; sein Dateiname ist bunte-tassenspende.jpg.

damit wir nicht nur Kaffee und Tee kochen können, sondern auch die großzügige Tassenspende meiner Internetfreundin (vielen lieben Dank auch an dieser Stelle, Betsi) gut sichtbar unterzubringen, deren Zeichnungen schon viele meiner Blogbeiträge hier geschmückt haben, und der das neue Logo des Frauencafés (herzlichen Dank nochmal an Theresa dafür) so gut gefällt.

Ja, und wo soll das Ganze hinkommen? Auch hier darf ich mal wieder Danke sagen, in diesem Fall Alexandra, die die Idee hatte, dass das Nähcafé (zeitlich und politisch völlig unabhängige) Untermieterin des grünen Ortsvereins werden konnten, die ein leerstehendes Ladenlokal mitten in der Fußgängerzone als Wahlkampfbüro angemietet haben.

Eigentlich könnte es direkt losgehen im Zickzack, wenn die Möbel dort stehen, denn wir haben schon Nähmaschinen gekauft und von Sabine (wieder mal ein dickes Dankeschön) jede Menge Stoff und Garn bekommen, nachdem sie ihr Nähzimmer ausgeräumt hatte.

Noch steht nicht fest, wann wir das „ZickZack“ eröffnen werden, da macht uns gerade so ein fieser Virus Probleme, wie so vielen anderen auch. Aber, wenn wir weiterhin so viel Interesse, Zustimmung, Unterstützung und Spendenbereitschaft erfahren werden, wie bisher, dann wird das Projekt ein Erfolg für die Frauen vom Internationalen Frauencafé als Verantwortliche, aber auch für alle Besucherinnen und Besucher, egal ob sie ihre Deutschkenntnisse verbessern und vertiefen wollen, neue Kontakte knüpfen möchten, nähen lernen wollen, oder die vorhandenen Maschinen nutzen wollen.

Und wenn wir (hoffentlich gar nicht erst auftretende) Anfangsschwierigkeiten hinter uns gelassen haben und alles so läuft, wie wir es uns vorstellen und wünschen, dann werden das sicher mal zum Anlass nehmen, gemeinsam zu feiern. Und dazu laden wir dann auch Naima ein. Bis dahin wünschen wir ihr fixe Tippelei!


fl

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