Es ist ein paar Wochen her, dass ich verkündete „Wenn mir beim Einkaufen demnächst jemand mit Schutzmaske begegnet, der das Ding nur wegen Corona trägt, den lache ich aus.“ Ein paar weniger Wochen ist es her, dass eine Freundin mir den Link zu einer mit (vermutlich) chinesischen Schriftzeichen betitelte und zum Glück nur mit Musik hinterlegte Nähanleitung auf Video zuschickte und wir beide witzelten, ob ich nicht lieber mal wieder im Wohnzimmer Staub putzen sollte, als so etwas zu tragen.
Inzwischen habe ich einiges dazu gelernt (unter anderem und nicht zum ersten Mal im Leben, dass unbedarfte Großspurigkeit nicht gerade das Gebot der Stunde ist), und fange an, mich ernsthaft mit dem Thema Mund- und Nasenschutz zu befassen. Wie bei vielen Aspekten rund um das Thema Corona war auch da ein Podcast von Christian Drosten ebenso interessant wie erhellend. Das trifft m. E. auch auf alle anderen Folgen zu, denn der Leiter der Virologie an der Berliner Charité erklärt nicht nur wissenschaftliche Zusammenhänge so gut, dass selbst ich sie verstehen kann, sondern vermittelt auch, dass wir (leider) keine Wunder erwarten können, und deshalb Geduld anstatt von Panikmache, Fake-News, Ignoranz oder Verharmlosung angesagt ist. Ich kenne einige Leute, die jeden Mittag schon gespannt auf die nächste Folge mit ihm warten, und auch welche, die ihn wahlweise am liebsten adoptieren oder heiraten möchten.
Jedenfalls hat dieser Fachmann einige Gedanken geäußert, denen ich gut folgen kann. Nämlich, dass ein Stück Stoff vor Mund und Nase, egal ob Schal, ein oben abgeschnittenes und zusammengezuppeltes T-Shirt oder eine selbstgenähte Maske, in erster Linie ein Zeichen von Rücksichtnahme und Solidarität sind. Hauptsache medizinische Masken bleiben denen vorbehalten, die sie als Mediziner/innen und Pfleger/innen dringend benötigen, während für alle anderen beim Einkaufen oder beim Gang zur Bank oder Post eben ein Do it yourself-Exemplar völlig ausreicht.

Es dürfte für treue Leser/innen keine große Überraschung sein, dass ich jetzt mal wissen wollte, wie sich so ein Ding anfühlt, und mich deshalb an die Nähmaschine gesetzt habe. Vorher habe ich mal wieder feststellen dürfen, dass das Internet nicht umsonst die Bezeichnung weltweit trägt, als ich mich auf die Suche nach einer Anleitung gemacht habe. Ebenfalls keineswegs überraschend, dass ich mich für eine recht einfache Variante ohne präzise Falten und akkurat genähte Einfassung entschieden habe.

Mit jedem Exemplar ging es schneller und sah auch besser aus, denn ja, ich habe inzwischen schon einige Exemplare genäht. Nachdem ich mich in meinem whatsapp-Status mit einem selbstgemalten Smiley auf gelbem Stoff statt Mund und Nase gezeigt hatte, kamen einige Anfrage. Jetzt gibt es nicht nur einen Bänker in Süddeutschland, der mit einer von mir selbstgenähten Maske anderer Leute Geld zählt, sondern eine Freundin kann mit einer Maske passend zum Einkaufsbeutel in den Supermarkt gehen.
Ehrlich gesagt, so wirklich angenehm finde ich es nicht, so ein Ding zu tragen, weil es mir ziemlich schnell ganz schön warm darunter wird, und ich auch ein wenig bewusster atmen muss. Das ist aber nur ein Grund, warum ich bisher vom Hals aufwärts noch „oben ohne“ aushäusig unterwegs bin. Ich hab auch ein bisschen die Befürchtung, irgendjemandem zu begegnen, die/der meint „Wenn mir beim Einkaufen demnächst jemand mit Schutzmaske begegnet, der das Ding nur wegen Corona trägt, den lache ich aus.“
fl
