Als der damalige Ehemann in spe vor Jahrzehnten am Tag vor Heiligabend von der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk für mich nach Hause kam und enttäuscht verkündete „Das Bügelbrett, das ich dir schenken wollte, gabs nicht mehr“ hätte mir das ebenso eine Warnung sein sollen, wie das Folienschweißgerät, das dann letztendlich unterm Weihnachtsbaum lag. Es war der erste und letzte Mal in meinem Leben, dass jemand es gewagt hat, mir zu Weihnachten ein Haushaltsgerät zu schenken.
Der Ehemann ist zum Glück schon längst Geschichte, mein Unverständnis über so manches (Vor-)Weihnachtliche Gebaren ist geblieben und hat sich im Laufe der Jahre noch gesteigert. Laut einer repräsentativen Umfrage unter über Zwölfjährigen im Oktober dieses Jahres, planen die Deutschen in diesem Jahr 475 Euro für Weihnachten auszugeben. Vier-hun-dert-fünf-und-sieb-zig (diese merkwürdige Schreibweise ist der Schnappatmung geschuldet, die mich bei dieser Nachricht überkam) pro Kopf. Der deutsche Handel verkündete etwa zur selben Zeit, dass er auf einen weihnachtlichen Umsatz von über einer Milliarde hofft. Wer sagt jetzt den Unkenrufern, die seit ein paar Jahren den Niedergang von Staat und Gesellschaft versuchen herbei zu reden, dass es uns viel zu gut geht, wenn solche Wahnsinnssummen ausgegeben werden für Dinge, von denen ich zu Recht annehme, dass sie nicht lebensnotwendig sind, sondern irgendwo zwischen Luxus und Schnickschnack rangieren.
Mein Kinder sind ja bekanntlich längst aus dem Wunschzettel-Alter, in dem sie noch an Nikolaus und Christkind glaubten, raus und wir haben seit einigen Jahren jeder festtäglichen Geschenkezwang abgeschafft. Unsere Weihnachtsfeste sind seitdem garantiert nicht weniger stimmungsvoll.
Wenn ich so sehe, was die Werbung uns in diesen Wochen versucht als Geschenkideen anzudrehen, wundert mich ohnehin, dass die jährliche Kriminalstatistik nicht um die Kategorie „Festtags-Gewalt“ erweitert wird. Hatte das Folienschweißgerät vor Jahrzehnten schon für eine bedenkliche Schieflage des Haussegens gesorgt, versagt meine Phantasie bei der Vorstellung, wie ich auf eine Geschenkidee reagiert hätte, die mir mein Handy (ohne Adblocker) kürzlich vorschlug. Als „Kleine, aber feine Weihnachtsüberraschung“ wurde mir da ein praktischer Käsehalter angepriesen. Dabei handelt es sich um zwei Plastikplatten mit Dornen, die man in ein Stück Käse stecken kann, um ihn beim Schneiden festzuhalten. Ja, wie wärs denn mal mit Wasser, Seife und einem Handtuch, bevor man den Käse aus der Packung holt? Und auch wenn der Käse für Stinkefinger sorgen sollte (in meiner Vorstellung tun das eher die Plastikteile) hat sich die seit langem praktizierte, gar nicht weihnachtliche Tradition des Händewaschens bewährt.
Getoppt wurde das von einem anderen Angebot, das ebenfalls ernsthaft als weihnachtliche Gabe für unterm Baum angepriesen ist, und eigentlich was für’n Arsch ist. Es handelt sich hierbei um einen Halter mit eingebautem Wassertank, der jedes haushaltsübliche Klopapier mit Wasser befeuchtet und als umweltfreundliche Alternative zu feuchtem Toilettenpapier beworben wird. Besonders erwähnt wird , dass auch „echte Kerle“ es verwenden können. Ich gehe mal positiv davon aus, dass auch echte Kerle ebenso wie ihre „Ladys“ mit Wasser und Seife umgehen können. Und wenn ich sehe, dass dieses Blechteil extra zu Weihnachten auf knapp 60 Euronen reduziert ist, bekomme ich so langsam eine Ahnung, wie man es schaffen kann, mehrere hundert Euro für Weihnachtsgeschenke auszugeben. Das Patenrezept heißt: Viel ebenso sinnloses wie unnützes Zeug kaufen. Und wenn die Geschenke-Werbung erfolglos war, dann bleiben ja noch die kunterbunten, hektisch blinkenden Weihnachtsbeleuchtungen, die in manchen Straßen dafür sorgen, dass PKW mit auswärtigen Kennzeichen umherirren, in denen einzelne Männer mit zunehmend enttäuschtem Gesichtsausdruck sitzen.
In diesem Sinne euch allen schöne Weihnachten jenseits von jedem Geschenkewahn und Konsumblödsinn, dafür mit schönen, geselligen, fröhlichen und harmonischen Stunden vorzugsweise im Kreis lieber Menschen.
fl
