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Portion Senf dazu?

Die Bücherei St. Lamberti bloggt

Monat

Mai 2019

Egal, wie die Haare sind

Das Kunststück einen handtuchgroßen Wahlzettel in einen C6 Briefumschlag so zu stopfen, dass Letzterer auch verschlossen werden kann, habe ich schon bewältigt. Und dabei habe ich in Gedanken den vielen Frauen und Männern Beileid und Hochachtung gezollt, die am Sonntagabend feststellen müssen, an welchen der 40 möglichen Stellen jemand ein Kreuz gemacht hat, um dann anschließend die Stimmen für die einzelnen Parteien zusammenzuzählen.

Da ich, wie seit Jahren – und ja, ich gebe es zu, aus Bequemlichkeit – Briefwahl mache, könnte das Thema Europa-Wahlkampf eigentlich für mich abgeschlossen sein. Nicht zuletzt, weil ich noch kein einziges Wahlplakat gesehen habe, dass ich nur ein klitzekleines bisschen interessant fand.

Wenn ich aber lese, mit welchen Mitteln einige Parteien und Gruppierungen Wahlkampf betreiben, dann werde ich ziemlich sauer. Die Organisation Avaaz hat laut Tagesschau eine Vielzahl von Fake-Profilen auf Facebook aufgespürt, die im Vorfeld der Europawahl Falschinformationen verbreitet haben. Auch Deutschland ist massiv betroffen, von den 550 verdächtigen Seiten und Gruppen aus fünf Ländern steht Deutschland mit 119 Fällen auf Rang zwei hinter Polen mit 197 Fällen. Bei den 328 vermuteten Fake-Profilen ist Deutschland unangefochtener Spitzenreiter mit 204 Fällen. Insgesamt hatten die verdächtigen Seiten, Gruppen, Netzwerke und Profile 31 991 749 Follower (Deutschland: 898 918) und 67 442 042 Interaktionen (Deutschland: 2 203 344). Von 230 von Facebook nach der Avaaz-Untersuchung entfernten Seiten waren 131 aus Deutschland. Muss ich noch erwähnen, dass eine Vielzahl der Seiten der AfD zugeordnet wurden, die auf diesen Wegen nicht nur Falschinformationen, sondern auch rechtsextreme Inhalte verbreitet hat.

Mal ganz ehrlich: Was soll das? Warum meinen Menschen, die nicht mit anständiger Sacharbeit und guten Argumenten überzeugen können, sie müssten Politik machen? Und warum bedienen sich ausgerechnet diejenigen der schmutzigsten Kniffe, die sich als nimmermüde Saubermänner im selbstlosen Einsatz „fürrr unserrr Vaterrrland“ verkaufen wollen? Ja, ich weiß, es gibt auch ein paar selbsternannte Sauberfrauen, aber die geben sich meistens mit der Rolle des emanzipatorischen Feigenblatts zufrieden.

Und was bitte ist das für ein „Wahlkampf“, wenn ein Youtuber der größten Regierungspartei mit einer Vielzahl von durch Quellen belegten Fakten aufzeigt, wo diese in den letzten Jahren versagt hat, und die Reaktionen der Kritisierten darauf fast durchgehend irgendwas mit den blaugefärbten Haaren des Mannes zu tun haben. Sollen wir jetzt den Vorsitzenden einer (zumindest in 2017) regierungsunwilligen kleinen Partei im Bundestag ständig nur noch mit implantiertem Haupthaar in Verbindung bringen? Obwohl dabei wird einem ja in den Kopf gestochen, vielleicht sollte das nicht ganz unberücksichtigt bleiben…

Ja, da macht wählen gehen nicht immer Spaß, was aber der Notwendigkeit keinen Abbruch tut. Ganz nach dem kürzlich von einer jungen Frau gehörten Motto „Mein Opa hat immer gesagt, Wählen ist wie Zähne putzen. Wenn man es lässt, wird’s braun.“

Sollte zufällig jemand derjenigen, die mit ihrer Wahlentscheidung dafür sorgen wollen, dass es braun wird, und die gerade nicht das Netz mit blauen Herzchen fluten, diese Zeilen lesen, nicht vergessen: Wenn Ihr den Wahlzettel unterschreibt, dann zählt Eure Stimme doppelt. Ja, ich weiß, der Witz ist uralt, aber aus seriöser Stimmzählerquelle weiß ich, dass er immer wieder funktioniert.

Wie auch immer:

fl

Zeit für einen Feminismus

„Ein Mann in Unterhose und einer, der den Mixer nicht bedienen kann: Große Empörung, Shitstorm und Boykott-Aufrufe wegen Sexismus und falscher Darstellung des Männerbildes.
Tiefe Ausschnitte, knappe Höschen und Frauen, die sich feiern, dass sie Wohnung und Wäsche sauber gekriegt und ihre Kinder mit Süßkram ruhig gestellt haben: Vögel zwitschern, und irgendwo hört man leise den Frühlingsregen plätschern.“

So habe ich vor wenigen Tagen die Diskussion über den Werbeclip von Edeka zum Muttertag kommentiert. Kurz vorher hatte ich zum Thema Staubsaugen mit der Google-Bildersuche ein paar Fotos gesucht. Zum Schlagwort „Mann mit Staubsauger“ wurden mir u.a. diese Bilder angezeigt, die Euch bekannt vorkommen könnten.

Zum Begriff „Frau mit Staubsauger“ wurde mir dann aber tatsächlich auch so etwas angezeigt:

Es ist also Zeit, dass wir alle mal wieder einen Feminismus kriegen (auch dagegen hilft Wick Medinight nicht, ich hab den manchmal in Anlehnung an Frau Jahnke „ganz doll“), und dazu kann ich die Bücher von Margarete Stokowski sehr empfehlen. Zugegeben, es gab und gibt Kolumnen von ihr auf Spiegel online, die mich nur mäßig begeistern, aber die Zusammenfassung von Beiträgen für taz und SPON aus sieben Jahren unter dem – für manche vielleicht verstörenden;-) –Titel „Die letzten Tage des Patriarchats“ gefallen mir ausnehmend gut.

Sollten sich auf diese Seite Feminismus-Gegner/innen verirrt haben, ich muss euch enttäuschen: Männerhass werdet ihr in dem Buch vergeblich suchen. Finden werdet ihr aber eine ehrliche Bestandsaufnahmen und gut begründete Meinungen zu früher und heute aktuellen Themen und Ereignissen. Da geht es beispielsweise um die Reaktionen auf die schlimme Silvesternacht 2015 auf der Kölner Domplatte, um den „Bullshit-Feminismus“, mit dem sich, gerne auch prominente Frauen schmücken, oder auch um sexistische Äußerungen und sexualisierte Drohungen im Internet. Die Autorin zeigt Defizite auf und macht Verbesserungsvorschläge, glücklicherweise aber ohne den erhobenen Zeigefinger einer Svenja Flaßpöhler oder einer zunehmenden Engstirnigkeit einer Alice Schwarzer. Okay, die Attitüde der Akademikerin im medialen Sonnenschein würde ihr auch nicht stehen, und für Altersstarrsinn ist Stokowski noch viel zu jung. Dafür scheut sie sich aber nicht, persönliche Erfahrungen – nicht immer mit für sie schmeichelhaftem Ausgang – zu beschreiben und zu bewerten und öffentlich ihre Lehren daraus zu ziehen.

Das ganz besonders in ihrem anderen Buch mit dem – für manche vielleicht verstörenden;-) – Titel „Untenrum frei“. Sie beschreibt Erziehung, Pubertät und Erwachsenwerden und-sein in einer Zeit, in der die Frauenbewegung schon eine Menge erreicht hat. In einer Zeit, in der aber auch Ungleichbehandlung und Abwertung von Frauen oft wahlweise mit einem Schulterzucken oder einem süffisanten Lächeln hingenommen, oder weitaus schlimmer, gar nicht mehr wahrgenommen werden. Für Frauen wie mich, für die schon aus Altersgründen bereits vor Jahrzehnten Frauenrechte, Emanzipation und Feminismus zum Thema wurden, findet sich nicht wirklich Neues in dem Buch. Es erinnert aber in einer sehr gelungenen Zusammenfassung an Vieles, das nicht in Vergessenheit geraten und erst recht nicht verdrängt werden sollte.

Beide Bücher sind für Frauen jeden Alters zu empfehlen, egal ob sehr jung oder schon ziemlich alt. Und auch Männern schadet es ganz sicher nicht, sie zu lesen. Stokowskis Stil, sehr direkt, manchmal sogar ein bisschen schnoddrig, gefällt mir persönlich sehr gut (woher das nur kommt). Aber vor allem bin ich sehr angetan von ihrer guten Recherche und ihrem umfassenden Wissen, die ihr einen sehr guten Überblick über viele Fragen und Antworten verschaffen. Der Blick in ihre Quellenangaben ist daher eine wahre Fundgrube.

Und wer nach der Lektüre der Bücher von Margarete Stokowski, oder auch nur nach diesem Beitrag mit einem genervten Augenrollen und dem Aufstöhnen „Die Frauen (wahlweise auch Weiber) sollen endlich mal Ruhe geben, sie sind doch längst gleichberechtigt (wahlweise auch: sie haben inzwischen doch schon mehr Rechte als Männer)“, der/dem empfehle ich von Herzen, sich über die aktuelle Aktion „Maria 2.0“, deren Fragen, Standpunkte und Forderungen zu informieren. Sie ist der Grund, warum ich diese Zeilen zu Hause geschrieben habe.

fl

Bitte nicht!

Als ich vor über einem Jahr den Blogbeitrag „Horrido im Klassenzimmer“ schrieb, hatte ich doch ein bisschen stille Hoffnung, dass das von mir Beschriebene nie Wirklichkeit wird. Leider hat sich wieder mal erwiesen: Hoffnung auf gesunden Menschenverstand und USA unter Trump schließen sich gegenseitig aus, denn:

„Das Parlament des US-Bundesstaates Florida hat mit 65 zu 47 Stimmen ein Gesetz verabschiedet, das es Lehrern erlaubt, künftig Waffen im Klassenzimmer zu tragen.“ Tagesschau

Wieder einmal haben wirtschaftliche Interessen Vorrang vor Prävention u. a. durch Verbesserung des Schul- und Bildungswesens, ja letztendlich vor der Sicherheit von Kindern und Jugendlichen. Mit Verlaub, es ist zum Kotzen.

Jetzt hoffe ich inständig, dass nicht auch die von mir damals angeführten Horrorszenarien, was passieren kann, wenn Schusswaffen zur schulischen Normalität werden, irgendwann mal Wirklichkeit werden.

Blogbeitrag zum Projekt Storytelling

Im Rahmen des Verwendungsnachweises für das vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW geförderten Projektes „Digital Storytelling“ haben wir einen Blogbeitrag geschrieben, der jetzt im Blog der Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken veröffentlicht wurde.

Hier der Link zum Blogbeitrag:

https://oebib.wordpress.com/2019/05/03/von-tablet-gedoens-zu-mach-deinen-film-digitale-werkstatt-und-voll-appgefahren-ein-kooperationsprojekt-aus-dem-muensterland/

Herr Oter unterm Sofa

Seit Kurzem habe ich einen Mitbewohner. Nein, Niemanden, der meinen Kühlschrank mit Bierflaschen voll räumt, ich muss auch keine Hundesteuer bezahlen und kein Katzenstreu kaufen. Gekocht wird nach wie vor nach meinen Vorlieben und Abneigungen, Lebensmittelunverträglichkeiten spielen keine Rolle. Mein neuer Mitbewohner – da ich seinen Vornamen Sau-Grob ebenso unschön wie unpassend finde, spreche ich ihn mit seinem Nachnamen an und nenne ihn respektvoll Herr Oter – begnügt sich damit, ab und zu mal an der Steckdose zu nuckeln. Ansonsten macht er das, was er machen soll, er bewegt sich planlos hin und her durch meine Wohnung, gibt dabei ein beruhigendes, monotones Geräusch von sich (es gibt auch welche, die können anders, aber dazu später mehr) und saugt Staub und Krümel von Laminat und Teppich auf. Und findet reichlich.

Jetzt werden sich sicher einige fragen, wie eine alleinstehende Frau mit Tagesfreizeit (Kopfkino aus, liebe Lesende) auf die Idee kommt, sich einen Saugroboter anzuschaffen. Vorsichtig ausgedrückt: Ich kann mich fürs Putzen einfach nicht begeistern. Drastisch ausgedrückt: ich hasse Putzen und schiebe es gerne vor mir her, bis der anfallende Aufwand meine Abneigung nur noch weiter schürt. Das mag daran liegen, dass sämtliche Putz- (und auch Aufräum-)Gene der Familie meine Mutter für sich beansprucht hat, die mindestens zweimal wöchentlich Staub putzte, der bei der Frequenz ohnehin kaum vorhanden war, und die sehr darauf bedacht war, regelmäßig die Teppichfransen mit einem dafür extra vorgesehenen Blechkamm zu sortieren. Und all diese Gene hat sie dann auch leider mit ins Grab genommen. Für mich ist da kaum etwas übrig geblieben, für meine bedauernswerten Kinder noch viel weniger. Ob das eine Rolle gespielt hat, dass eines dieser Kinder für mindestens drei Jahre und einen Tag freiwillig auf einen festen Wohnsitz verzichtet, muss ich ihn mal fragen. Ich jedenfalls habe mich für Herrn Oter als Mitbewohner entschieden.

Herr Oter ist ein eher simples Modell seiner Art, was auch günstige Auswirkungen auf seine Anschaffungskosten hatte. Er ist aber außer mit dem Saugmechanismus und niedlichen, rotierenden Pinselchen für die Feinarbeit in den Ecken nicht noch mit besonderen Raffinessen ausgestattet. Das hat den Vorteil, dass er, anders als manche seiner Kollegen schweigt und nicht per Computer-Stimme verkündet, wenn er sich irgendwo festgefahren hat. Gerade bei Berufstätigen, die den Roboter saugen lassen, während sie außer Haus ihrem Broterwerb nachgehen, finde ich das irgendwie ziemlich überflüssig. Aber ich gehöre ja auch zu denen, die erwarten, dass der(!) kleine Helfer seine Arbeit macht und nicht rumschwätzt und mir erzählt „Reinigung beendet“. Fehlt dann bloß noch, dass er fragt, „Na Schatz, wie war ich?“ Schön dagegen finde ich, wenn Herr Oter mich überrascht, zum Beispiel, wenn er aus der hintersten Ecke unterm Sofa wieder ans Tageslicht schnurrt und dabei ganz vorsichtig ein halbes Wollknäuel vor sich herschiebt.

Zugegeben, ein bisschen dumm ist Herr Oter schon. Wenn ich ihm per Fernbedienung ein „Husch, husch ins Körbchen“ zufunke, macht er auf dem Weg zur Ladestation zig Umwege und stößt dabei auch schon mal gegen Stuhl-oder Tischbeine. Dann bleibt er einen Moment verdutzt stehen, setzt ein bisschen zurück und dreht sich um circa 358 Grad, um dann wieder gegen das selbe Hindernis zu dotzen. Nach vier bis fünf Mal hat er es dann aber meistens begriffen und setzt seinen Zickzack-Kurs Richtung Stromversorgung fort.

Ob das ein geschlechtsspezifisches Problem ist, kann ich nicht beurteilen, denn die(!) Spülmaschine zickt auch manchmal ganz schön rum, wenn sie sich der Reinigung von Teebelägen in meinem Lieblingsbecher verweigert. Mit anderen Worten: Kann sein, muss aber nicht.

Jedenfalls ist Herr Oter durchaus cleverer als manche Männer, die die Google-Bildersuche mir zum Stichwort „Mann mit Staubsauger“ anzeigt, und die das mit dem Männerspielzeug irgendwie nicht verstanden haben.

fl

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