
Taschenrechner mit den Grundrechenarten und Wurzelfunktion, das war die einzige technische Unterstützung für Schüler/innen zu Zeiten, als ich das Abitur machte. Ich bin mit Telefonapparaten aufgewachsen, die an der Strippe hingen und Wählscheiben hatten. Die schnellste Übermittlung von Geschriebenem war in meinen jungen Jahren das Fax-Gerät, die häufigste der Briefkasten.
Und Nein, ich bin nicht zweihundert Jahre alt, die technische Entwicklung ging seit meiner Kindheit und Jugend einfach nur rasend schnell voran. Und Ja, ich finde das klasse, bin begeisterte PC-Tipperin und auch das weltweite Netz nutze ich gerne und häufig (allerdings nicht schon seit den 80er Jahren, wie ein gewisser… ach, lassen wir das). Manchmal zu häufig, so dass es an verregneten Nachmittagen auch schon mal zum Zeitfresser mutiert.
Und ja, ich nutze auch soziale Medien, obwohl ich von einigen Auswüchsen dort nicht gerade Fan bin. Und dabei geht es nicht mal nur um politische Hetze bis hin zu Bedrohungen im vermeintlichen Schutz der Anonymität, die bei manchen Menschen wirklich erschreckende Abgründe zum Vorschein bringt. WhatsApp zum Beispiel nutze ich sehr gerne, nicht nur um Kontakt zu lieben Menschen zu halten, auch über Landegrenzen und Kontinente hinweg und das quasi zum Nulltarif, sondern auch um in Gruppen schnell und ohne Aufwand Informationen auszutauschen. Ich bin auch sehr seltene Facebook-Nutzerin, allerdings mit einer so ausgeweiteten Privatsphäre, dass ich nicht mal sogenannte „Freunde“ im Gesichtsbuch habe.
Nein, ich möchte all das nicht mehr missen. Ich möchte nur einige Phänomene besser verstehen können. Wieviel Selbstüberschätzung – eher selten auf besonders liebenswerte Charaktereigenschaften und/oder erwähnenswerte Fähigkeiten gegründet – ist nötig, dass jemand ständig die Welt wissen lässt, was sie oder er zu Mittag gegessen hat, und entsprechende Beweisbilder ins Netz stellt? Das Drei-Gänge-Menu im passenden Ambiente mag ja noch nett anzusehen sein, aber Pommes-Schranke oder TK-Pizza?
Und warum verlässt so viele Menschen im Internet ihre Fähigkeit des sinnerfassenden Lesens? Wenn jemand auf Facebook fragt „Hat jemand meinen Autoschlüssel gefunden?“ dann ist damit nicht gemeint „Bitte, alle mal melden, die meinen Autoschlüssel nicht gefunden haben.“ Faszinierend auch die Reaktionen auf Fragen, auf die eine einzige richtige Antwort völlig ausreichend ist. Jemand wissen möchte, wann der Laden XY oder die Arztpraxis ABC morgens öffnet, dann reicht die Information „um 9.30“ doch völlig. Schließlich wurde ja nicht danach gefragt, wie viele User/innen wissen, dass die richtige Antwort „um 9.30 Uhr“ lautet. Genauso überflüssig bei der Bitte um eine bestimmte Auskunft, dass serienweise „Keine Ahnung“, „Das weiß ich leider nicht“, „Sorry, da kann ich dir nicht helfen“ gepostet wird.
Und jetzt, liebe Leserinnen und Leser bin ich mal gespannt auf eure Antworten auf die Frage: „Warum machen Menschen das?“
fl