Wer Blogs liest, dafür verantwortlich ist und/oder darin schreibt, guckt natürlich auch immer mal über den Tellerrand, beziehungsweise das Bildschirmfenster, um auf dem Laufenden zu bleiben, was Andere anders machen, was besser (um zu lernen) und was schlechter (auch daraus kann man lernen, wenn die Schadenfreude überwunden ist). Da ist auch der Chef der schönsten Bücherei im Ort ganz emsig und lässt mich gerne an seinen Fundstücken teilhaben. So kam ich auf den Landlebenblog und dessen Milchmädchen-Beitrag, dem ich auf der Skala von Eins bis Zehn gerne zehn Punkte gebe. Darin geht es um die Äußerung der Bildungsministerin Anja Karliczek zum Ausbau des Mobilfunknetzes. Falls jemand sich den Namen der Frau merken möchte: am besten aufschreiben und abheften, denn allzu oft liest man ihn in den Medien nicht, selbst dann nicht, wenn man, wie ich, im selben Landkreis wie sie lebt.

Als man vor einiger Zeit schon mal über sie las, ging es übrigens darum, dass diese Frau, als sie schon dem Ministerium für Bildung und Forschung vorstand, sich darüber freute, dass die Fernsehprogramm-Beilage ihrer Tageszeitung ihr endlich mal den Begriff „Algorithmen“ leicht verständlich erklärte. Nach ihren jüngsten Äußerungen bin ich ganz bei der Landleben-Bloggerin und denke, dass Frau Karliczek sich selbst und der Öffentlichkeit einen großen Gefallen getan hätte, wenn sie sich auf die Zunge gebissen hätte, statt zu behaupten „5G ist nicht an jeder Milchkanne notwendig“.

Auf die Zunge und gleichzeitig auf die Lippen hätte sich die Ministeriums-Chefin aber auch beißen sollen, statt sich über die inzwischen über ein Jahr alte Änderung des Ehegesetzes äußern und zu behaupten „Wir verschieben eine ganze Gesellschaft und reden gar nicht richtig darüber.“ Schade, wenn eine 47jährige Frau im Jahr 2018 so verklemmt ist, dass sie nicht in der Lage ist, „richtig“ über Sexualität zu reden. Dann würde sie vielleicht sogar auf den Gedanken kommen, dass z.B. diskriminierende Tittenwerbung oder sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz wirkliche Probleme sind, und nicht die Eheschließung von Männern mit Männern und Frauen mit Frauen.

Vielleicht hätte sie sich von fachkundiger Seite mal aufklären lassen sollen. Auch über ihre Aufgabe als Bildungsministerin, wenn sie eine Langzeitstudie über die Auswirkungen auf Kinder fordert, die mit gleichgeschlechtlichen Eltern aufwachsen. Die ministerielle Verwaltung und Förderung von Bildung und Forschung in der Bundesrepublik Deutschland bedeutet nämlich nicht, so lange Daten zu erfragen, zu sammeln und einzuordnen bis der Chefin des Hauses die Ergebnisse gefallen. Da darf es reichen, die bereits vorliegenden Studien zur Kenntnis zu nehmen, und wenn man sich bei dem Thema wirklich Mühe geben will, sie auch mal zu lesen.

Aber erst Recht bedeutet Ministerin zu sein und in dem Amt gute Arbeit vorzuweisen nicht, sich bei einer Partei anzubiedern, deren vorgestrigen Ansprüche an das Familienbild nicht mal das Führungspersonal erfüllt. Sonst wäre die Option, im erlernten Beruf dafür zu sorgen, dass Hotelgäste Milchkännchen zum Kaffee serviert kriegen, vielleicht die bessere.

fl