Upcycling ist der aktuelle DIY-Trend. Wer weiß, was ich von Anglizismen halte, bekommt gerade auch eine ungefähre Vorstellung davon, was ich von dieser Art von Verschlimmbesserung halte. Wohlgemerkt, ich rede von Upcycling am Esszimmertisch wobei nach detaillierter Anleitung unnütze Dinge hergestellt werden, bei deren Anblick vom Betrachter erwartet wird, sie über den grünen Klee zu loben. Es geht also nicht um alte Autoreifen, die als Schuhsohlen oder Feuerwehr-Schläuche und LKW-Planen die als Taschen auf dem Konsum-Gnadenhof noch ein paar schöne Jahre verbringen.
Nein, es geht eben um einen Zeitvertreib, der gerne von einschlägigen Zeitschriften als der ultimative Trend zur Steigerung des Wohlbefindens ausgerufen wird, der jede Wohnung zu einem wahren Schmuckkästen an Kreativität und Umweltbewusstsein macht. Falls hier jemand Spuren von Ironie entdeckt, ist das beabsichtigt. Denn mal ehrlich: Wer, außer denjenigen die kleine Kinder an regnerischen Nachmittagen beschäftigen müssen, kommt denn auf die Idee, Klopapierrollen aneinander zu kleben, alte Joghurt-Bescher zu bemalen und Pappschachteln mit Plastik-Glitzersteinchen zu bekleben? Mir fallen da überwiegend Mitarbeiter/innen der oben erwähnten Zeitschriften und Verfasser/innen von Ratgebern und youtube-Filmchen ein.
Sie alle sorgen unermüdlich für immer neue Trends, also in erster Linie für ihre Bankkonten. Egal was am Ende dabei rauskommt, wenn man ihre Anleitungen stundenlang, mit einer oft gar nicht mal so preisgünstiger Ausstattung an Werkzeug und Hilfsmitteln nacharbeitet. Selbstverständlich verfügt auch die beste Bücherei meines Wohnortes über eine ebenso umfang- wie abwechslungsreiche Sammlung von Anleitungsbüchern, die den unterschiedlichsten Ansprüchen gerecht werden. Manchmal auch ziemlich niedrigen. Aber in der Regel finden sich zwischen den vielen Vorschlägen auch immer mal wieder welche, die interessant (im positiven Sinne) wirken. Nicht nur bei den von mir bevorzugten Handarbeitsbüchern.
Fragwürdig finde ich allerdings, wenn ansehnliche und geschmackvolle Dinge durch Upcycling grottenhässlich werden. Naturholz beispielsweise wird durch schweinchenrosa oder schwimmbadkachelblaue Farbe in der Regel nicht schöner. Und selbst wenn die Papierservietten, mit denen man Möbelstücke bekleben soll, ein nettes Blümchenmuster haben, rettet das Omas alten Couchtisch nicht unbedingt davor, nach zeitintensiver Bearbeitung wieder auf dem Dachboden zu verschwinden.
Bei sehr vielen Gegenständen, die als Upcycling-Objekt infrage kommen könnten, ist übrigens die Überlegung angebracht, warum wurden sie überhaupt gekauft? Tut man der Umwelt manchmal nicht einen größeren Gefallen damit, sein eigenes Konsumverhalten mal zu überdenken, statt sein Gewissen damit beruhigen zu wollen, etwas, was man wegwerfen möchte durch Upcycling so hässlich zu machen, dass man es wegwerfen muss?
Und dann gibt es noch die trendigen Upcycling-DIY-Tipps, bei denen es wohl nur ums Zeit totschlagen geht, und die man bestenfalls jemandem empfehlen möchte, der seine Finger anders beschäftigen will, als mit dem Festhalten von Zigaretten. Oder kommt sonst jemand ernsthaft auf die Idee, alte Zeitungen in feine Streifen zu schneiden, die zusammengefaltet zu Kreisen geformt und mit Kabelbindern fixiert als Wandschmuck dienen sollen? Oder alte Zeitungen sorgfältig zusammenzufalten, so dass sie als „Pompons“ bezeichnet am bunten Faden von der Decke baumeln?
Ja, manchmal bin ich altmodisch. Ich finde nämlich, dass man in alten Zeitungen am besten Fisch vom Marktstand nach Hause tragen kann, oder Kartoffelschalen zur Biotonne.
fl