Nicht falsch verstehen: es geht mir nicht um Eltern von Kindern mit fachmännisch diagnostizierten gesundheitlichen Problemen. Und ich habe auch großes Verständnis, wenn länger andauernder Schlafmangel Eltern an ihre Grenzen bringt. Eine Nacht, in der ich hochschwanger im Halbstunden-Takt die vollgespuckte Bettwäsche von zwei Kindern wechseln musste, ist mir ebenso ins Gedächtnis gegraben, wie die knappe Woche, in der ich nachts schlaflos neben einem keuchenden Kind mit Kehlkopf-Entzündung lag.
Es gab auch in meiner Familie das Schauermärchen einer weit entfernten Tante, die ihren Nachwuchs abends schon mal mit einem Löffel Zucker besänftigte, der mit einer großzügigen Portion Weinbrand getränkt war. Aber weder ich, noch mein Nachwuchs haben jemals Medikamente bekommen, die nicht irgendwelche Krankheitssymptome bekämpfen sollten.
Wenn ein Kind nicht schlafen will, sind das meiner Meinung nach ganz andere Symptome, und Tabletten, Zäpfchen oder Tropfen nicht nur oft gesundheitsgefährdend, sondern auch eine ganz üble pädagogische Falle. Da ist einmal die Verlockung für die Eltern, wenn das Kind durch Medikamente schnell eingeschlafen ist und für erholsame acht Stunden Ruhe gibt, diese regelmäßig einzusetzen. Da ist aber vor allem das Signal an die Kinder: Wenn du nicht so spurst, wie es sein sollte, bietet die Pharmazie schnelle und mühelose Abhilfe.
Ja, es ist bedeutend anstrengender, einem Kindergartenkind mit liebevoller Konsequenz klarzumachen, das ab einer bestimmten Uhrzeit sein Aufenthaltsort ausschließlich das Bett ist. Dazu gehört es aber auch schon mal, egal wie spannend der Fernsehkrimi ist, oder wieviel Besuch im Wohnzimmer sitzt, zu dem weinenden Kind zu gehen, statt es auf der Couch vor dem Fernseher oder inmitten der Gästeschar trösten und beruhigen zu wollen.
Und vor allem gehören feste Strukturen und Rituale den ganzen Tag lang und vor allem abends dazu, dass Kinder den Unterschied zwischen Tag und Nacht zu begreifen lernen. Es ist leider keine Selbstverständlichkeit mehr, dass Kinder sich tagsüber an der frischen Luft müde toben können. Und es ist in vielen Familien leider auch keine Selbstverständlichkeit, beim gemeinsamen Abendessenüber Erlebnisse des Tages zu sprechen, damit Kinder schon mal Vieles verarbeiten, was sich sonst eventuell zu nächtlicher Unruhe aufbauen könnte. Es ist dagegen leider viel zu häufig selbstverständlich, das Kind vor dem Schlafengehen flirrenden TV- oder Computerbildern auszusetzen, es nochmal ein halbes Stündchen am Tablet spielen zu lassen, weil es dann so schön ruhig sitzen bleibt.
Und so altmodisch es klingen mag in Zeiten von CD-Playern, IPhones und bunten, sich drehenden Nachtischlampen: Gute-Nacht-Geschichten haben ihren Namen durchaus verdient. Und damit meine ich die vorgelesenen Geschichten – Hörbücher sollten es erst bei älteren Kindern sein – bei denen die Vorleser die Reaktionen der hoffentlich immer müder werdenden Kinder beobachten und darauf eingehen können. Nach meinen Erfahrungen als Mutter von drei inzwischen erwachsenen Kindern ein tatsächlich wirksames Ritual, vorausgesetzt es wird regelmäßig angewendet. Wichtig dabei: die heitere Gelassenheit einer Mary Poppins und nicht das ungeduldige Hoffen auf den baldigen Beginn des verdienten Eltern-Feierabends.
Mindestens ebenso wichtig: die richtige Auswahl der Vorlese-Bücher. Kein ganz einfaches Unterfangen, bei dem sich aber die Methode „try and error“ durchaus bewährt hat. Und nein, es ist nicht notwendig, sich tagelang durch die Angebote einschlägiger online-shops zu scrollen. Wir haben in der Bücherei rund 200 passende Bücher und helfen gerne bei der Suche.
Ach ja, und Ratgeber zum Thema „Schlafprobleme von Kindern“, so mit guten Tipps von richtigen Fachleuten, haben wir auch im Bestand.
fl
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