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Portion Senf dazu?

Die Bücherei St. Lamberti bloggt

Monat

September 2016

Opa Heinrich goes for gold

madnWenn zwei erwachsene Männer zu einem Wettlauf gegeneinander antreten, ist das nicht ungewöhnlich. Wenn sie dabei aber einen Löffel im Mund halten, auf dessen anderem Ende ein Tischtennisball liegt, und keiner der Beteiligten Götz Alsmann heißt, ist das durchaus ungewöhnlich. Und wenn es sich bei diesen Männern, auf die das entschuldigende Attribut postpubertär seit vielen Jahren wahrlich nicht mehr zutrifft, um die Leiter öffentlicher Einrichtungen mit Bildungsauftrag handelt, dann lohnt es sich durchaus zu beleuchten, was denn da wohl hinter steckt.

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Made in Togo?

kaffee-togo

 

Togo ist ein bitterarmes Land in Afrika, in dem knapp sieben Millionen Menschen überwiegend von Landwirtschaft und der Herstellung von Zement leben. Und seit ein paar Jahren werden in Togo Lebensmittel produziert, die in Plastikbechern oder Plastikboxen in Supermärkten oder Fast-Food- und Fast-Drink-Ketten angeboten werden. Oder wie? Etwa Etikettenschwindel? Kaffee Togo kommt gar nicht aus Afrika?

Nein, kein abgedroschener Witz, sondern Ohrenzeugenbericht einer Bestellung in der Filiale einer expandierenden Kaffeehauskette: „Zwei Kaffee Togo zum Mitnehmen“. Nur am Rande: Die durchschnittliche togolesische Familie könnte sich dort pro Woche zwei Heißgetränke leisten. Hätte dann allerdings für den Rest der Woche kein Geld mehr.

Also gut, kein Etikettenschwindel, sondern Mode-Erscheinung und Marketing. Und, mit Verlaub, ein riesengroßer Umweltdreck. Wir wissen alle, von der Bedrohung der Meere durch nicht verrottbare Kunststoffe, von der Riesenmenge Energie, die für die Produktion von Plastik ebenso gebraucht wird wie fürs Recycling. Und mal ehrlich, die Jacken und Pullover, die aus gebrauchten PET-Flaschen hergestellt werden, lassen Einem doch kopf-gegen-grunen-punktdie Haare zu Berge stehen. Manchmal wegen des Anblicks, meist aber wegen statischer Entladungen. Aber immerhin kann man sie als „vegan“ bewerben.

Abgesehen davon: Es kann mir doch keiner erzählen, dass ein zehn Stunden altes Sandwich in der Plastikbox aus dem Tankstellen-Kühlschrank besser schmeckt als vier Lagen Küchenpapier mit Salzwasser getränkt. Der Nährwert dürfte auch ähnlich sein.

Einspänner mit Strohhalm

Und was bitte ist so toll daran, ständig einen Becher Kaffee mit zu schleppen, dessen Inhalt vor dem Überschwappen durch einen Deckel geschützt ist, mit einer Mini-Öffnung für den Trinkgenuss. Ein Genuss, so spektakulär, als wenn ich im Hotel Sacher in Wien einen Pharisäer mit Strohhalm bestellen würde. Warum bitte soll ich mir morgens nicht das Vergnügen gönnen, den Duft von frischem Kaffee durch die eigene Wohnung ziehen zu lassen und mir einfach mal zehn Minuten Zeit fürs Frühstück zu gönnen. Warum soll ich, wenn ich tagsüber von A nach B unterwegs bin, eigentlich einen Kaffee spazieren tragen?

Oder Mineralwasser, auch so ein Fall. Bekanntlich empfehlen Experten die Aufnahme von zwei Liter Flüssigkeit am Tag, überwiegend (Mineral)Wasser. Ziehen wir mal Suppe, Milch im Müsli und den Kaffee ab, der nicht aus Versehen aus dem Plastikbecher geschwappt ist, bleiben das großzügig gerechnet acht große Gläser. Also alle eineinhalb Stunden eins, wenn ich mir nachts dafür keinen Wecker stellen will. Warum dann also im Zehn-Minuten-Takt an einem niedlichen Plastikfläschchen (gibt’s ernsthaft auch in Rosa *gnmpf*) nuckeln?

Wenn ich meine vier Wände oder meinen Arbeitsplatz mal für ein Stündchen verlasse, werde ich keine Mangelerscheinungen (also zusätzlich zu den bekannten Mängeln), erleiden und nicht in Gefahr des Verdurstens geraten, wenn ich tatsächlich mal 60 Minuten lang, oder mit ganz viel Mut sogar länger, keine Flüssigkeit zu mir nehme.

Wenn, ja wenn, nicht gerade Mitte September ist, und das Thermometer auf über 30 Grad steigt. Dann nehme ich auch schon mal einen Wasservorrat mit. In der 1 000 und mehrfach mal zu gebrauchenden Flasche des Wassersprudlers.

Solche Wetterphänomene übrigens sollen ja mit dem Klimawandel zu tun haben, der wiederum mit Umweltverschmutzung zu tun hat, und dieser wiederum mit dem massenhaften und unnötigen Gebrauch von Plastikbechern und –Flaschen. Munkelt man. Ich auch.

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Ein Jahr danach

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„Ein Jahr danach“ haben wir die Veranstaltung zum Auftakt der Interkulturellen Woche in der Bücherei betitelt, mit deren Vorbereitungen ich einen beträchtlichen Teil meiner Arbeitszeit und einen kleinen Teil meiner Freizeit verbringe. Anlass und Gelegenheit, darüber nachzudenken, was dieses Jahr danach für mich im Zusammenhang mit der Zuwanderung seit Herbst 2015 Jahr gebracht hat.

Als Erstes: ich weigere mich auch nach einem Jahr immer noch, den Begriff Flüchtlingskrise zu benutzen. Denn mein kleines Leben ist genauso wenig krisengeschüttelt wie vor zwölf Monaten. Ich lebe immer noch in meiner schönen Wohnung. Energie zum kochen, backen und heizen ist genauso da wie Trinkwasser und Licht. Lebensmittel wurden auch nicht rationiert. Mein Budget wird nicht durch Sonderabgaben belastet. Ich kann nach wie vor unbehelligt durch die Kleinstadt gehen, auch im Dunkeln. Einziger Unterschied beim Stadtbummel: ich werde häufiger und freundlicher gegrüßt, denn das Jahr bescherte mir viele neue Bekannte und auch Freund/innen.

Krise? Bestenfalls für die Bürokratie und Teile der Politik, die einen rechtspopulistischen Ring in der Nase haben.

Interkulturelle Begegnungen
für mehr als eine Woche

Die Interkulturelle Woche 2015 brachte beruflich neue Aufgaben, z.B. die Kooperation mit dem hiesigen Flüchtlingshilfeverein Miteinander e. V und damals teilweise leicht chaotische Veranstaltungs-Vorbereitungen. auftakt-ikw-2015Einbezogen war ich auch in das Vorhaben, den Bestand der Bücherei um eine neue Kategorie zu erweitern, der wir den Titel „Migration – Flucht und Ankommen“ gaben. Das machte nicht immer Spaß, denn das, was die Verlage anboten, ist nicht mit der Auswahl von heute zu vergleichen.

Unheimlich viel Spaß machte es, bei Miteinander e.V., der örtlichen Buchhandlung und der Bevölkerung offene Türen einzurennen mit einem Projekt, bei dem praxisnahe Sprachhefte für ganz viele Flüchtlinge gespendet wurden. Unheimlich viel Spaß machte es auch, mit Farshid aus dem Iran zusammen zu arbeiten, der fast ein Jahr lang in der Bücherei ehrenamtlich tätig war, bis er eine feste Arbeitsstelle fand. Allerdings nicht so viel Spaß machte es, als Farshid nach einem sehr guten Abendessen, das er für Freunde gekocht hatte, mir eine besondere Spezialität zeigen wollte. Er holte einen in durchsichtige Folie eingewickelten Schafskopf aus dem Kühlschrank.

OK, Begegnungen mit fremden Kulturen bedeuten auch Neues zu lernen. Ich hatte blitzschnell gelernt, dass es Sinn macht, vor einer Essenseinladung Gastgeber/innen aus dem arabischen Raum vorsichthalber zu fragen, was denn auf den Tisch kommt.

Gelernt habe ich aber auch von meinen ehrenamtlichen Kolleginnen Abeer und Rita mit ihren Söhnen / Brüdern Ali und Hamsah, wie wichtig Familie in Zeiten von Krieg, Flucht und Leben in vollkommen fremder Umgebung ist, und wie wertvoll.

Sie, aber auch Hanah und Mohammed mit ihren beiden Töchtern, haben mir gezeigt, wie unkompliziert und herzlich Gastfreundschaft sein sollte. Familienmutter Hind ließ mich in eine Welt von arabischem Hüftgold versinken, und ihre Töchter bestärkten mich in der Annahme, dass fortschrittliches Denken und weibliches Selbstbewusstsein nichts, aber auch gar nichts mit Kopftüchern zu tun haben muss.

Integration macht dick

Es gab noch viele andere Begegnungen, die ich hier gar nicht alle aufzählen kann (ich hoffe, niemand fühlt sich jetzt übergangen), und von denen ich nicht eine Einzige missen möchte. Ich nehme dafür auch in Kauf, wenn sich meine persönliche Theorie, dass Integration dick macht (zumindest mich), nach einem wunderbaren Essen beim Blick auf die Waage am nächsten Tag bewahrheitet.syrisches-menu

Natürlich sind Ereignisse, wie die Kölner Silvesternacht nicht an mir vorbei gegangen, natürlich weiß ich um die Bedrohung durch radikale Islamisten, natürlich ist mir bekannt, dass Menschen nach Deutschland gekommen sind, nicht weil sie fliehen mussten, sondern weil sie sich hier kriminell bereichern wollen.

Es ist wohl Glück gewesen, dass ich solchen Menschen nicht begegnet bin und durchweg positive Erfahrungen gemacht habe.

Hatte Fremdenfeindlichkeit auch früher in meinem Leben schon die Bedeutung „Bowlingkugel auf dem großen Zeh“, durfte ich im vergangenen Jahr ganz oft erleben, wie schön es sein kann, wenn Fremde unbefangen aufeinander zugehen und miteinander ins Gespräch kommen, statt Vorurteile aufzubauen. Und deshalb arbeite ich gerne daran, dass möglichst viele Menschen aus den verschiedensten Ländern die Chance haben, miteinander in Kontakt zu kommen. Auch im Rahmen der Interkulturellen Woche.

Nachtrag: Die Rohfassung dieses Beitrags war geschrieben und auf dem abendlichen Nachhauseweg traf ich einen der Menschen, die mir in den letzten Monaten auf einmal wichtig geworden waren. Natürlich gab es einen kurzen Plausch an der Straßenecke, und wir redeten über seine Familie, seinen bevorstehenden und Umzug und auch über die Vorbereitungen für die Interkulturelle Woche, an der seine Frau beteiligt sein wird.

Zum Abschied meinte er mit einem augenzwinkernden Lächeln „Wir schaffen das. Aber nur zusammen.“ Danke Mohammed für dieses schöne Schlusswort.

 

Sonnenaufgang oder der Hahn bleibt zu

Nachdem die Postkarten sortiert und aufgeteilt sind zwischen Papierkorb und Pinnwand  geht es munter weiter mit dem Bildergucken, wenn jetzt nach den Ende der Schulferien Urlaubsbilder die Runde machen.

Da gibt es Sonnenauf- und untergänge, mal mit Wasser, mal mit Strand, mal mit Bergen. Und da gibt es Impressionen vom Urlaubsort, mal dem Postkarten-Klischee entsprechend, und mal mit Blick fürs Detail.

Mein besonderer Favorit aus der Abteilung „Mit Blick fürs Wesentliche“ stammt von einer Bekannten, die vor wenigen Tagen aus dem Baskenland zurückgekehrt ist (etwas widerwillig, wie sie berichtete).Hahn zu m. C.

Als Diplom-Übersetzerin lieferte sie auch gleich die Beschriftung auf Deutsch:

„Auf der Straße
dreh den Hahn zu“

P.S.: Mein Chef war dagegen, dass ich ausschweife und mich an dieser Stelle über Wild-und Stehpinkler äußere.

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